Eisenbahnjournal Zughalt.de

Nachrichten über Eisenbahn und öffentlichen Verkehr

Interessante Zeiten

01.08.19 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Eine Erhöhung von 4,5 auf 6,2 Milliarden Euro im Jahr klingt nach viel. Doch ist es das? Zunächst einmal sind die Baupreise in den vergangenen Jahren deutlich stärker gestiegen als die durchschnittliche Inflation. Man muss sich daher ernsthaft fragen, ob es überhaupt eine reale Steigerung der zur Verfügung stehenden Gelder ist.

Neu an der dritten Runde der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung ist zudem, dass diese nicht auf fünf, sondern auf zehn Jahre angelegt ist. Während der Dauer ist also naheliegend, dass die Mittel real sinken werden. Darüber hinaus muss man sich auch fragen, wie die doch erheblichen Eigenmittel aufgewandt werden sollen.

Die Geschäftszahlen der DB AG stagnieren, Umsatzziele, die unter Grube einst genannt worden sind, hat man längst auf ein realistisches Niveau zurückgeschraubt, um nicht zu sagen, man hat die Prognosen seriöser gestaltet. Die Bahn ist bereits stark verschuldet und profitiert dabei massiv von der Niedrigzinspolitik im Euroraum. Doch bleibt das bis 2030 so? Was passiert, wenn auch eine bundeseigene Aktiengesellschaft für ihre Verschuldung auf einmal fünf bis acht Prozent Zinsen pro Jahr aufbringen muss? Dann reden wir mal eben von einem zehnstelligen Betrag, der aufgebracht werden muss.

Ich bin auch ziemlich sicher zu wissen, dass die politischen Strategen der DB AG schon einen Plan haben: Spätestens wenn der aktuelle Investitionszyklus im Bereich Fernverkehr abgeschlossen ist, werden politische Tages- und Wochenzeitungen nach interessanten Hintergrundgesprächen Artikel bringen, wie groß die Vorteile für alle wären, wenn man die DB AG auf Kosten des Bundeseisenbahnvermögens entschulden würde.

Die Argumente sind beliebig, man könnte sagen, dass die DB AG die Altlasten der Eisenbahnreform abzutragen hatte oder den von der Behördenbahn hinterlassenen Investitionsstau. Vielleicht möchte man die Schiene auch einfach stärken oder was auch immer. Plötzlich werden alle möglichen Hinterbänkler aus dem Bundestag oder den Landtagen, die zwar keine Ahnung von Eisenbahnpolitik haben, dafür aber ernsthafte Sorge um die Bahnhöfe in ihren Wahlkreisen, sehr meinungsfreudig.

Denken Sie jetzt, ich hätte eine Glaskugel? Nun, warten Sie die kommenden Jahren einfach mal ab. Denn ein Konzern, der eine solche Verschuldung mit sich rumschleppt, der kann seine Zinsrisiken in der mittelfristigen Finanzplanung kaum oder gar nicht kalkulieren. Gleichzeitig fällt aber mit DB Regio die Cashcow der letzten Jahrzehnte weg. Es gibt keine lukrativen Direktvergaben im SPNV mehr. Da wo DB Regio sich am Geschäft beteiligt, ist die Marge nur noch marktnah und nicht mehr üppig.

Fern- und Güterverkehr sind auch nicht gerade auf Rosen gebettet und nun? Natürlich wäre eine andere Eisenbahnpolitik eine Möglichkeit, aber solange die Wettbewerber ihre Lobbyarbeit auf Sparflamme laufen lassen und die DB AG über Verbände wie den VDV und die Allianz pro Schiene die Willensbildung dominiert, wird das nicht eintreten. Wir leben also erneut in interessanten Zeiten.

Siehe auch: DB AG: Durchwachsene Halbjahresbilanz und neue LuFV

Kommentare sind geschlossen.