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Erfolgsgeschichten schreiben

11.07.19 (Kommentar, Nordrhein-Westfalen) Autor:Stefan Hennigfeld

Alle paar Jahre erneuert die Allianz pro Schiene ihre Broschüre mit dem Titel „Stadt, Land, Schiene“. Sie stellt damit immer wieder aufs neue heraus, dass Streckenreaktivierungen sowohl im urbanen Raum als auch im ländlichen Gebiet große Erfolge sein können. Nicht selten sorgen Reaktivierungen für ein Fahrgastaufkommen, das deutlich über den Erwartungen diverser Gutachter lag.

Die Erfahrungen zeigen, dass die Fahrgäste schon kommen, wenn man ihnen ein gutes und zuverlässiges Angebot macht. Und spontan fallen mir in Nordrhein-Westfalen einige Strecken ein, von denen ich überzeugt bin, dass man hier erfolgreichen SPNV machen könnte. Als Beispiel sei der Lückenschluss zwischen Menden, Hemer und Iserlohn genannt. Oder auch der West-Ausbau der Düsseldorfer Regiobahn bis Viersen, wo man noch einmal viele Menschen erreichen könnte.

Der Schritt, den man jetzt geht, ist also genau der richtige, und eben jener wird in Hamburg bereits seit letztem Jahr erfolgreich gemacht: Mit einem guten Angebot die potentiellen Fahrgäste anlocken. Das bedeutet aber umgekehrt natürlich auch, dass wir es bei der Finanzierung nach wie vor mit einer gesamtstaatlichen Aufgabe zu tun haben.

Ja, die Regionalisierungsgelder sind inzwischen deutlich üppiger als noch vor ein paar Jahren, aber dennoch hat jede einzelne der 16 Landesregierungen eine Verantwortung bei der Übernahme konsumtiver Kosten für den Eisenbahnverkehr. Wie ernst eine Landesregierung ihre Schienenaffinität also meint, hängt in meinen Augen auch heute noch von der Frage ab, ob man bereit ist, sich aus dem eigenen Haushalt an einer Erhöhung der Regionalisierungsgelder zu beteiligen oder ob man das verweigert.

Denn vergessen wir nicht: Die Mehreinnahmen aus der Umsatzsteuererhöhung zum 1. Januar 2007 fließen noch immer als Ausgleich für die damals gesenkten Regionalisierungelder an die Länder. Faktisch hat hier also nur ein Teil des Bundesgeldes, das die Länder kriegen, seine Zweckbindung verloren. Und man sieht ja, dass die Landesregierungen sehr wohl bereit sind, in die Schiene zu investieren: An zahlreichen Infrastrukturprogrammen.

Immer dann, wenn klar ist, dass man nur mit der Beteiligung von Landesgeld den Abruf von Bundesmitteln auslösen kann, ist man auf einmal bereit, sich zu beteiligen. Ähnliche Anreizsysteme sind vor über zehn Jahren auch schon bei der Verteilung der Regionalisierungsgelder auf den Tisch gelegt worden. Oberhalb eines bestimmten Sockelbetrages werden die Bundesgelder nur dann ausgeschüttet, wenn es zusätzlich auch Landesgelder gibt. Das wäre nur fair, weil man diverse Landespolitiker dann nach ihren Taten und nicht mehr nach ihren Worten beurteilen könnte.

Es reicht nicht zu fordern, dass der Bund gefälligst bezahlen soll. Denn wenn man wirklich vor Ort erfolgreich sein will – und das geht nicht in einer zentralistischen Eisenbahnverwaltung – dann muss man auch vor Ort Verantwortung übernehmen. Die eingangs erwähnten Erfolgsgeschichten der Vergangenheit dürften hier eine klare Sprache sprechen: Die Eisenbahn hat viel Potential!

Siehe auch: NRW: Reaktivierungen und Ertüchtigungen geplant

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