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Stakeholder statt Konkurrenten

08.07.19 (Bremen, Kommentar, Niedersachsen) Autor:Stefan Hennigfeld

Vor einigen Jahren führte ich für das Eisenbahnjournal Zughalt.de ein Interview mit dem langjährigen Chef von DB Regio NRW, Heinrich Brüggemann. Er sagte sinngemäß, dass ein Wettbewerber ein Unternehmen sei, mit dem man über Jahre hinweg im gleichen Markt immer wieder zu tun kriegt: Sei es, dass man um Aufträge konkurriert, aber sei es auch, dass man in welcher Form auch immer einfach miteinander sprechen muss.

Es kann dabei um die Organisation von Betreiberwechseln gehen, es kann aber auch um die Frage gehen, wie man sich gemeinsam dem Infrastrukturbetreiber oder der Politik gegenüber aufstellt. Die Unternehmen stehen natürlich in Konkurrenz zueinander, weil sie in laufenden Ausschreibungen die gleichen Aufträge haben wollen.

Aber davon unabhängig sind es klassische Stakeholder, weil sie – wie Brüggemann richtig definiert hat – immer wieder über lange Zeit miteinander zu tun haben. Es ist also sinnvoll, dass man nun in Niedersachsen den Weg Nordrhein-Westfalens geht und ein System auf die Beine zu stellen versucht, das gegenseitige Abwerbemaßnahmen von Mitarbeitern unterbindet.

Denn am Ende darf man folgendes nicht vergessen: Den allermeisten Nutzern, wie die Endkunden in der Eisenbahnbranche üblicherweise genannt werden, ist es völlig egal, wer den Zug fährt. Ob das die Westfalenbahn ist, die Nordwestbahn, der Metronom oder weiß der Kuckuck. Die Menschen wollen in angemessen großen und sauberen Zügen pünktlich von A nach B.

Und wenn das eine Unternehmen dem anderen die Leute abwirbt und die Zugausfälle sich dann nur verlagern, dann hat der Verkehrsträger Schiene insgesamt nichts gewonnen. Stattdessen braucht man eine branchenweite Ausbildungsoffensive, die den Personalbedarf langfristig decken kann. Das gilt umso mehr, wenn man bedenkt, dass die Babyboomer, die insbesondere im DB-Konzern noch vielfach ihrer Arbeit nachgehen, in den kommenden Jahren im großen Stil in den Ruhestand eintreten werden.

Die Unternehmen müssen also jetzt bereits intensiv den Kontakt mit den Schulen suchen, um die geringer werdende Zahl von Schulabsolventen frühzeitig für Eisenbahnberufe zu interessieren. Schulpartnerschaften und Berufsorientierungsprogramme müssen in Zukunft branchenweit eine noch größere Rolle spielen.

Auch hier können die Unternehmen zusammenarbeiten, im Alltag muss man Partnerschaften immer mit Leben füllen. Hier nutzen keine hochtrabenden Rahmenvereinbarungen, sondern das müssen engagierte Personalmanager in den Unternehmen selbst in die Hand nehmen, sich kurzschließen und so umfassend wie möglich agieren.

Das gilt aber auch für Transfergesellschaften in der Region. Dort, wo Menschen gerade frisch in die Arbeitslosigkeit zu rutschen drohen, muss die Eisenbahn parat stehen und eine Alternative bieten. Der Job ist zukunftssicher, Züge werden immer fahren und die Bezahlung ist in Ordnung. Wenn man das richtig auf die Beine stellt, dann kann man in diesem Bereich eine Menge erfolgreiches leisten.

Siehe auch: Niedersachsen: Ausbilden statt Abwerben

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