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Mehr Realität wagen

04.07.19 (go.Rheinland, Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Es tut richtig gut, wenn man den ständigen Narrativen von Verkehrswende, Vorfahrt für die Schiene, Mobilität 4.0 (ich vermute bis heute, dass damit die vierte Amtszeit der Bundeskanzlerin gemeint ist) und sonstigem etwas Realität entgegensetzt: Die Schiene ist da, wo sie wirklich Potential hätte, heillos überlastet. Das ist jetzt für den Knoten Köln einmal wissenschaftlich ausgearbeitet worden, aber in Hamburg, München oder Frankfurt käme man wohl auf ähnliche Ergebnisse.

Die Eisenbahn ist nicht in der Lage, nennenswerte Verkehrsströme von der Straße aufzunehmen. Selbst wenn man nur davon ausgeht, dass die Schiene es schafft, das steigende Gesamtverkehrsaufkommen abzubilden, wird es erhebliche Probleme geben. Von einer nennenswerten Verlagerung ganz zu schweigen. Und was machen wir mit dieser Information? Möglicherweise haben die Kölner schon vor Jahren genau richtig gehandelt, als sie eine Knotenpunktanalyse ausgearbeitet haben, die aus vielen Einzelmaßnahmen besteht, die ihren jeweiligen Nutzen unabhängig voneinander entfalten können.

So kann man sicherstellen, dass man nicht womöglich über Jahrzehnte auf den „großen Wurf“ warten muss und derweil nur dem Zusammenbruch zuschauen kann. Dass die kommunale Schieneninfrastruktur bei der Betrachtung des Knotens Köln vor einigen Jahren völlig außen vor gelassen worden ist, ist ein Punkt, den man jetzt zumindest in Ansätzen korrigiert hat. Denn natürlich funktioniert der öffentliche Verkehr nur im Verbund der verschiedenen Verkehrsmittel, woher sich auch der Begriff Verkehrsverbund ableitet.

Umso wichtiger ist, dass es ein klares Doppelbekenntnis der Politik gibt: Einerseits muss man die finanziellen Voraussetzungen schaffen, um eine Infrastruktur aus der Mitte des letzten Jahrhunderts zukunftsfähig zu machen. Andererseits muss man aber auch sicherstellen, dass zusätzliches Geld sinnvoll investiert und nicht verschleudert wird. Man muss effektiv verhindern, dass öffentliche Gelder zur Finanzierung unwirtschaftlicher Strukturen genutzt werden.

Denn wenn man sich die Forderungen aus der Eisenbahnbranche allgemein (und nicht mehr auf die Kölner Verantwortungsträger bezogen) ansieht, dann ist eine gewisse Ideenlosigkeit nicht anzuzweifeln. Ob im Fernverkehr oder auch bei der grundsätzlichen Frage, was der Nahverkehr zu leisten imstande ist. Auch beim Deutschlandtakt, zu dem natürlich eine vernünftige Verknüpfung innerhalb der Verkehrsverbünde gehören würde, hört man seit langem nichts anderes als die immer gleichen Forderungen, dass dieser jetzt aber wirklich und diesmal in echt umgesetzt werden müsse.

Es gab da mal die Belobigung an die Bundesregierung, dass man diesmal wirklich eine „neue Ernsthaftigkeit“ erkennen würde. Diese ist aber scheinbar schon wieder in Vergessenheit geraten. Dabei ist es eine gesamtstaatliche Aufgabe sicherzustellen, dass die Verkehrsinfrastruktur angemessen vorgehalten und ausgebaut wird. Dass man rund um Köln seit Jahren argumentativ gut aufgestellt ist, ein gutes Zeichen. Jetzt liegt der Ball bei der Politik.

Siehe auch: Knoten Köln: Erhebliche Überlastung

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