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Was sagt uns das?

27.06.19 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Sicher werden Branchenvertreter jede Menge Argumente finden, warum die Studie des so verhassten ADAC manipulativ, unfair und einseitig gegen die vermeintlich moralisch überlegenen öffentlichen Verkehrsmittel gerichtet ist. Aber genau diese vorliegende Abwehrhaltung ist eines der Probleme, wieso Busse und Bahnen im Wettbewerb der Verkehrsträger – zumindest bundesweit im Durchschnitt – nur ein Nischenprodukt sind.

Das aber sorgt dafür, dass die Menschen vieles nicht verstehen. Warum hat der eine Verkehrsverbund Zonen, der nächste hat Ringe und wieder ein anderer hat Waben? Natürlich ist es schwer, einen Spagat zu schaffen zwischen Tarifgerechtigkeit auf der einen und Durchschaubarkeit auf der anderen Seite.

Wenn ich ab der vierten Bushaltestelle das gleiche zahlen muss wie jemand, der womöglich mehrere Stationen mit dem Regionalexpress fährt und dann noch eine halbe Stunde mit der U-Bahn, dann ist das nicht gerecht Wenn man sich aber einmal den Münchener Verbundtarif ansieht, dann ist der – wenn man ihn nach viel Lernaufwand verstanden hat – maximal gerecht.

Der Tarif ist aber so kompliziert, dass er wohl nach heutigem Dafürhalten als Neueinführung politisch nicht mehr mehrheitsfähig sein dürfte. Hier gilt es, dass man die Chancen, die mit der Digitalisierung einhergehen, nutzt: Warum sollte man nicht bundesweit auf kilometerbasierte Abrechnungsformen setzen? Ist das wieder unfair, wenn jemand mit einem Bus unterwegs ist, der zu Erschließungszwecken Umwege fährt?

Vielleicht, dann wäre ein Luftlinientarif doch sinnvoller. Aber wird das den Kosten gerecht? Sie sehen selbst bei relativ einfachen Beispielen, dass es schwierig wird. Aber nur weil etwas schwierig wird, ist das kein Grund, sich eines solchen Problems nicht anzunehmen. Ganz konkret gibt es immer wieder Forderungen nach einem 365-Euro-Ticket, wie man es in Wien seit Jahren erfolgreich hat. Der VDV ist erstmal dagegen.

Innovation, Fortschritt und möglicherweise sogar echte Orientierung am Endkunden (Nutzer, für alle die nicht wissen, was mit Endkunden gemeint ist), da ist man immer erstmal dagegen. Und gerade eine Branche, die sonst bei jeder Gelegenheit über ihre gefühlt massive Untersubventionierung spricht, warnt hier vor hohen Kosten für die öffentliche Hand?

Ich sage: Es ist an der Zeit, sich als Branche der Politik gegenüber aufzustellen und genau ein solches Ticket zu fordern. Die Politik ist gefragt, wenn man Busse und Bahnen ernsthaft stärken will, auch finanzielle Verantwortung zu tragen. Das Problem ist: Hier wird dann auch Leistung gefordert.

Das Geld, das als Ausgleich für solche Tickets durch die öffentliche Hand gewährt wird, darf nicht einfach so in den undurchsichtigen Kanälen der kommunalen Verkehrsunternehmen versickern, sondern dient einem deutlich besseren und kontrolliertem Angebot. Aber: Wenn es wirklich eine Verkehrswende hin zum ÖPNV geben soll, dann muss an mit solchen innovativen Dingen arbeiten. Das mag den einen oder anderen aus der Komfortzone schleudern, aber so ist das eben im Leben: Veränderung!

Siehe auch: Erhebliche Unterschiede bei ÖPNV-Preisen

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