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Noch eine neue Top-Strategie

24.06.19 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Lange Zeit war nicht klar, wofür die Deutsche Bahn nach dem Ende der Mehdorn-Ära eigentlich stehen sollte. Was in den Nullerjahren gewollt war, haben alle gewusst: Die Bahn musste börsenfähig werden, dem hatte sich alles andere unterzuordnen. Als Rüdiger Grube dann den Posten übernahm, war der mit der Person Hartmut Mehdorn fest verbundene Börsengang auf einmal vom Tisch, aber welches Ziel wurde verfolgt?

Es kam die Arriva-Übernahme, zwar schon unter Grube, aber die Diversifizierung des Geschäfts, mit dem Mehdorn schon bei den Heidelberger Druckmaschinen vor die Wand gefahren ist, wurde auch im DB-Konzern zunächst weiter vorangetrieben. Mit dem Abellio-Urteil kam zudem die Ankündigung, dass DB Regio mehr oder weniger aussteigen möchte aus dem Regionalverkehrsmarkt.

Wer erinnert sich nicht an einen demonstrativen Verzicht auf die Ausschreibungsteilnahme im Verkehrsverbund Mittelsachsen und später auf die ständig als Drohung gemeinten Sprüche, dass man bei der Vergabe des Rhein-Ruhr-Express nicht mitbieten würde? Natürlich war da Berechnung mit drin, man wollte Politikern, die das System der Aufgabenträgerschaft nicht verstehen, Angst machen, dass es bald keinen mehr gäbe, der in ihrem Wahlkreis den Bahnhof ansteuern würde.

Gleichzeitig aber sagte Rüdiger Grube immer wieder den inzwischen legendären Satz, dass die inländische Eisenbahn das „Brot- und Buttergeschäft“ des Konzerns sei. Im Fernverkehr versucht man darüber hinaus, die Regionalsierungsgelder anzuzapfen, in einigen Bundesländern ist das auch erfolgreich gelungen. Für vermeintliche „Tarifausgleiche“ gibt es dennoch faktische Direktvergaben an DB Fernverkehr.

Es ist zwar nicht jeder dieser Deals gerichtlich untersagt worden, aber da wo die Vergabekammer eingeschaltet worden ist, war auch das nicht gerichtsfest. Eine höchstrichterliche Entscheidung, wie es sie am 8. Februar 2011 mit dem Abellio-Urteil gab, steht bislang noch aus. Aber zumindest ich persönlich gehe auch weiter davon aus, dass DB Fernverkehr die Strategie, möglichst oft mit den Aufgabenträgern einen zu kungeln, weiter fortführt.

Überhaupt ist der Fernverkehr nicht ohne Grund das Sorgenkind auf der deutschen Schiene. Im Regionalverkehr hat man in den letzten Jahren erhebliche Verbesserungen erzielt und durch den Marktdruck sind auch die Preise für die öffentliche Hand gesunken. Anders sieht das im Fernverkehr aus. Hier hat die Qualität erheblich nachgelassen und es sieht auch – zumindest in einem absehbaren Zeitraum – nicht danach aus, als würde es zu den Qualitätssprüngen kommen, die man eigentlich so dringend braucht.

Das Problem ist, dass es hier keine Qualitätskontrolle gibt. Einzig die Aussicht, dass es für den Endverbraucher mit Eurowings und Flixbus einige direkte Konkurrenten gibt, spielen eine mögliche Rolle. Wenn die Bundesregierung aber schon keine Aufgabenträgerschaft im SPFV einführen möchte, dann muss es zumindest die Sorge für angemessene Qualität geben. Hier ist die Politik gefragt, das kann nicht Sache der DB AG selbst sein.

Siehe auch: DB AG: Konzentration auf die Schiene

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