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Eine Kultur der Anerkennung schaffen

11.04.19 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Eine der wichtigsten Neuigkeiten, die Ronald Lünser beim VRR schaffen möchte, ist die von ihm angekündigte Kultur der Anerkennung. Es soll nicht immer nur um Pönalisierungen oder Schlechtleistungen gehen, sondern gerade auch um die Anerkennung dessen, was gut gelaufen ist. Dinge, die funktionieren, können andere übernehmen und während die mediale Wahrnehmung der Eisenbahn sehr häufig negativ ist, geraten die Dinge, die gut laufen, zu oft aus dem Fokus.

Umso wichtiger sind ja Wettbewerbe der Allianz pro Schiene, dass man Bahnhöfe des Jahres und Eisenbahner der Herzen auszeichnet. Menschen, die oft zu widrigen Tages- und Nachtzeiten bei sonstwas für einem Wetter und in absoluten Stresssituationen ihr bestes geben. Denen muss man einfach mal Danke sagen. Danke auch an all die, die eben nicht in exponierter Stellung sind und ausgezeichnet werden, sondern die einfach da sind und dafür sorgen, dass der Laden läuft.

Das kann der Fahrdienstleiter sein, der sonntags um neun Uhr angerufen wird, ob er außerplanmäßig von 14 bis 22 Uhr arbeiten kommt. Es kann aber auch genau der Lokführer sein, der in diesem Monat die Überstunden dreißig bis vierzig macht, um personalbedingte Zugausfälle zu verhindern. Die Eisenbahn wird von vielen guten Geistern betrieben, die wir oft nur dann zu Gesicht kriegen, wenn irgendwas nicht funktioniert.

Dabei gibt es eine ganze Reihe von bereits vorhandenen Ideen, wie man in puncto Qualitätsmanagement progressive Wege gehen kann. Und ja, die Idee, dass ein Zugausfall wegen eines Selbstmörders oder einer von DB Netz zu verantwortenden Infrastrukturproblematik weniger stark pönalisiert wird und einer, der mit Personalmangel zu tun hat stärker, geht da schon in die richtige Richtung.

Ich erinnere mich an eine Situation vor einigen Jahren auf dem Hagener Hauptbahnhof. Es gab eine Signalstörung und ein Triebfahrzeugführer des Rhein-Münsterland-Express, der damals noch von DB Regio gefahren worden ist (solange ist das her) hat mit einer riesigen Geduld zahlreichen Menschen nacheinander Auskunft gegeben und ihnen bei der weiteren Reiseplanung geholfen. Das ist mir drei Bahnsteige weiter aufgefallen und ich dachte mir in diesem Moment: Solche Menschen brauchen wir bei der Eisenbahn.

Es ist eben kein Job wie jeder andere, sondern so vielfältig wie das Leben selbst: Man hat täglich mit anderen Menschen zu tun und niemand weiß, warum ein Fahrgast gerade schlechte Laune hat und frustriert scheint. Und deshalb ist eine der entscheidenden Fragen bei der Fortentwicklung der Eisenbahn jenseits grundlegender ordnungspolitischer Debatten der künftige Umgang mit denen, ohne die alles stehen würde.

Das muss natürlich auch umgekehrt gelten. Der Nutzer darf nicht immer nur eine statistische Masse sein, sondern muss als Endkunde anerkannt werden. Der SPNV ist kein reines B2B zwischen Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen, sondern der Endkunde steht im Mittelpunkt der Gesamtveranstaltung. Hier ist also von vielen Seiten noch einiges an Umdenken erforderlich.

Siehe auch: Allianz pro Schiene kürt aktuelle Herzenseisenbahner

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