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Ökonomischer Druck statt Protektion

08.04.19 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Halten wir zuerst fest: Der Fernbus war nicht der Totengräber des SPFV und wird es aller Voraussicht nach auch nicht werden. Es gab nicht massenhaft Fernverkehrsrelationen, die gerade so über dem Break Even lagen und wegen Kannibalisierungseffekten durch den Fernbus leider eingestellt werden mussten.

Dass DB Fernverkehr hin und wieder damit droht, unwirtschaftliche Strecken leider nicht mehr befahren zu können, es sei denn, der Aufgabenträger würde eine unbürokratische Lösung im Sinne der Fahrgäste jenseits des Vergaberechtes mitmachen und Tarifausgleiche für den Nahverkehr zahlen (die natürlich kein Bestellerentgelt sind), ist ein anderes Thema. Das gehört hier jetzt nicht her.

Wir stellen fest, dass auch der Fernbusmarkt irgendwann eingeschwungen ist und gerade nicht zu nennenswerten Negativeffekten auf der Schiene beigetragen hat. Und wir stellen fest, dass im Bereich eigenwirtschaftlicher Verkehre irgendwann eine Marktfindung hin zu (faktischen) Monopolisten führt: BlaBlaCar bei Mitfahrzentralen, die Lufthansa (wenn auch unter dem Markennamen Eurowings) für Inlandsflüge, die DB AG im SPFV und Flixbus im Bereich des Fernbusses.

Das ist auch völlig in Ordnung, solange es möglich ist, dass die Finanzierbarkeit der Leistungen durch Fahrgelderträge auskömmlich ist. Dazu kommt aber, dass die Anbieter in einem intermodalen Wettbewerb zueinander stehen: Ich kann mit dem ICE aus der Metropolregion Rhein-Ruhr nach Berlin oder München fahren, ich kann aber auch mit Eurowings fliegen oder den Flixbus nehmen. Der Verkehrsträger Schiene muss hier seine Stellung zwischen Inlandsflügen und dem Fernbus finden.

Dazu gilt es, die strukturellen Probleme zu lösen, die der SPFV seit Jahren hat. Die Eisenbahnbranche muss selbst sehen, wie sie klarkommt. Verbots- oder Regulierungsphantasien gegen Fernbusse oder Inlandsflüge, wie man sie aus der Eisenbahnbranche hin und wieder vernimmt, helfen nicht weiter. Statt dessen sollte man anerkennen, dass die Eisenbahn erheblich durch den neuen Marktdruck profitiert hat.

Erinnern Sie sich, wie das war, bevor der Fernbus kam? Sparpreise waren nur bis zu drei Tage vor Fahrtantritt verfügbar. WLAN im Zug oder an den Bahnhöfen? Das ging angeblich aus technischen Gründen überhaupt nicht. Inzwischen hat sich das mit den Sparpreisen erheblich verbessert und die Naturgesetze scheinen sich auch gewandelt zu haben. WLAN gibt es jedenfalls problemlos. Klar, es gibt keine Pressemeldung der DB AG, in der steht „wegen der neuen Konkurrenz machen wir das und das“ und wer sagen möchte, dass das auch alles so passiert wäre, dem steht diese Sichtweise frei.

Ich sage aber etwas anderes: Die Eisenbahn wird besser, wenn sie gerade nicht in monopolistischen Strukturen steckt. Wenn der Fahrgast nach mehreren mehrstündigen Verspätungen zwischen Düsseldorf und Berlin auf Eurowings umsteigen kann und eben nicht auf die DB AG angewiesen sind, tut sich was auf der Schiene. Ja, Marktwirtschaft funktioniert. Ökonomischer Druck erzeugt Leistung – keine Protektion.

Siehe auch: Mobilitätstrends zu Fernreisen erschienen

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