Eisenbahnjournal Zughalt.de

Nachrichten über Eisenbahn und öffentlichen Verkehr

Die Rolle des Controlling

04.10.18 (Kommentar, Schleswig-Holstein) Autor:Stefan Hennigfeld

Wir erleben branchenweit, dass die Verkehrsunternehmen im SPNV Probleme haben. Gerade die Personalfrage treibt viele Betreiber oft zur Verzweiflung: Klar würde man gerne gute Leute ausbilden, aber wo sollen die herkommen? In einer Zeit, in der die Babyboomer-Generation Richtung Ruhestand geht, während die Zahl der Schulabsolventen einerseits sinkt und andererseits immer mehr junge Erwachsene nach dem Abitur und einem Studium streben, wird es schwierig, für einen gewerblich-technischen Beruf gute Leute zu finden.

Es betrifft jetzt in Schleswig-Holstein DB Regio, es betraf und betrifft allerdings auch in anderen Bundesländern andere Unternehmen. Wie soll man das Problem lösen? Zum einen ist es wichtig, dass der Aufgabenträger sich der Sache annimmt. Dieser ist zuständig für ein umfassendes Controlling. Das geht unmittelbar nach der Zuschlagserteilung los. Wie laufen die Vorbereitungen? Ist das Unternehmen im Zeitplan?

Vor einigen Jahren hat man beim Dieselnetz Südwest eine riesige Überraschung erlebt, als der Vlexx auf einmal nicht in der Lage war, den Auftrag zu übernehmen und ein riesiges Chaos ausgebrochen ist. Ein Chaos, das nur deshalb überraschend gekommen ist, weil der zuständige Aufgabenträger in Rheinland-Pfalz eben gerade keine Kontrollmechanismen hatte (oder hat?), um sich anzugucken, in welchem Zustand die beauftragten Unternehmen sind.

Das ist im übrigen auch, wenn man es jetzt allgemein bewertet, kein besonderes Misstrauen gegen Schienen-Schulz oder Müller-Rail, sondern obliegt der Pflicht des Aufgabenträgers, die Interessen der Allgemeinheit zu vertreten. Dass der schleswig-holsteinische Verkehrsminister das jetzt zur Chefsache erklärt, ist definitiv richtig, zeigt es doch, dass die Jamaika-Koalition in Kiel die eisenbahnpolitischen Fragen zwischen den Meeren für wichtig hält.

Doch auch der engagierteste Minister kann keine neuen Triebfahrzeugführer herbeizaubern, hierfür müssen die Unternehmen selbst sorgen. Was man aber machen kann, ist eine verbindliche Ausbildungsquote im Rahmen der Ausschreibungen vorgeben. Nein, es funktioniert nicht, wenn jemand davon ausgeht, dass er einfach bei bisherigen Betreibern Mitarbeiter abwerben kann.

Und es funktioniert auch nicht, wenn ich davon ausgehe, dass die örtlichen Sozialleistungsträger mir sowohl ausreichend Bewerber schicken als auch deren Qualifikation über Bildungsgutscheine finanzieren. Die Unternehmen müssen die Finanzierung der Ausbildung bei ihrer Preisfindung berücksichtigen und die Aufgabenträger müssen sicherstellen, dass da keiner mit einer unseriösen Kalkulation daherkommt.

Und auch ohne Bezug zur Marschbahn muss ein Aufgabenträger stutzig werden, wenn ein Betreiber mit einem Angebot kommt, das deutlich unter der eigenen Kalkulation liegt. Der Aufgabenträger muss von Anfang an die Qualität der Unternehmen prüfen und im Griff haben. Natürlich ist das aufwendig, aber auch richtig. Denn der Besteller ist keine reine Subventionsbewilligungsstelle, sondern hat eine Funktion im System Schiene. Diese gilt es zu erfüllen.

Siehe auch: DB Regio: Maßnahmen auf der Marschbahn

Kommentare sind geschlossen.