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Grau ist alle Theorie

10.09.18 (go.Rheinland, Hessen, Kommentar, Nordrhein-Westfalen, NWL, Rheinland-Pfalz, VRR) Autor:Stefan Hennigfeld

Es ist schon einige Jahre her, als das erste Mal über das damals für Deutschland komplett neue Lebenszyklusmodell diskutiert wurde. Der Hersteller liefert die Züge und bleibt für die Instandhaltung zuständig. Klar kann ein Betreiber auch den Hersteller als Unterauftragnehmer mit ins Boot holen, aber da hat der Aufgabenträger dann nichts mit zu tun. Verkehrs- und Instandhaltungsunternehmen sind zwei gleichberechtigte Hauptauftragnehmer.

Kann das gutgehen? Und dann ist da noch die Grundsatzfrage, was eigentlich ein Eisenbahnverkehrsunternehmen ist? Ist die Instandhaltung nicht deren natürliche Aufgabe? Bei DB Regio wurden unterdessen alle Register gezogen. In einem Brandbrief an die damalige Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hat man sogar offen mit einem Marktaustritt gedroht.

Das Kalkül war klar: Politiker, die über die Organisation des Eisenbahnwesens nichts wissen, sollten nervös werden. Ein Verkehrsverbund vergrault die Bundesbahn und deshalb haben wir bald keinen Schienenanschluss im Wahlkreis mehr. Die Argumentationslinien, die man öffentlich zu lesen bekam, waren teils offen manipulativ. Am Ende hat DB Regio doch ein Angebot abgegeben – und kam nicht zum Zug.

Das ist natürlich aus Sicht des einstigen Platzhirschen ärgerlich, wenn man bei diesem Premiumprodukt nicht dabei ist. Aber auch das ist Teil der neuen Eisenbahnpolitik: Die DB AG ist eben nicht mehr die Ex-Bundesbahn, die als geborener Betreiber die Leistungen zu fährt. DB Regio ist ein Unternehmen von vielen, das bei so einem Auftrag dann auch leer ausgehen kann.

Aber keine Sorge: Nach der ersten Vertragsperiode haben alle eine neue Chance. Und die Aufgabenträger werden jetzt Eigentümer von 82 Premium-Zügen, die sie über Jahrzehnte werden finanzieren müssen. Das müssten sie aber indirekt sowieso, denn natürlich werden die Kapitalkosten bei Fahrzeugen im Eigentum des Betreibers auf die Bestellerentgelte umgelegt. Nun haben aber die Aufgabenträger direkten Zugriff auf die Fahrzeuge.

Entstehen dadurch neue Risiken? Vielleicht. Was ist, wenn die gesamte Flotte die Zulassung verliert, weil irgendein Fehler festgestellt wird? Dann hat natürlich der Aufgabenträger ein Problem. Aber stellen Sie sich mal vor, eine Flotte im Eigentum eines anderen würde auf einmal ihre Zulassung verlieren und die Züge in einem gesamten Netz würden nicht mehr fahren dürfen. Dann hätte der Aufgabenträger ebenso ein Problem.

Als einzige ausschließlich gemeinnützigen Zwecken verpflichtete Stelle gibt es schlicht kein denkbares Szenario, bei dem der Aufgabenträger sagen kann, dass er nichts damit zu tun habe und nicht zuständig sei, wenn es wie auch immer geartete Probleme gibt. Der Aufgabenträger ist immer verantwortlich. Das ist auch gut so – denn dafür wurden die Besteller eingeführt.

Aber die RRX-Vergabe zeigt etwas anderes: Es gibt keinen Erstellermangel. Es gibt nicht zu wenige Unternehmen im Markt, wie das von interessierten Kreisen immer wieder suggeriert wird. Wenn man eine Vergabe fair und vernünftig macht, dann gibt es auch genügend Bieter. Wie dem auch sei: Grau ist alle Theorie. Entscheidend ist ab Dezember auf dem Gleis!

Siehe auch: Siemens weiht RRX-Werk ein

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