Eisenbahnjournal Zughalt.de

Nachrichten über Eisenbahn und öffentlichen Verkehr

Den Fahrgast in den Mittelpunkt stellen

30.08.18 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Alle Welt redet dieser Tage von der Verkehrswende und das ist auch notwendig. Der Verkehrssektor ist der einzige Bereich, der es in den letzten Jahrzehnten nicht geschafft hat, seinen Schadstoffausstoß zu verringern. Das liegt nicht daran, dass das einzelne Auto oder einzelne Bus nicht besser geworden sind, sondern am massiv steigenden Verkehrsaufkommen. Wir werden mobiler als noch vor zwanzig oder dreißig Jahren.

Die Zeiten, dass man den Metzger und den Tante-Emma-Laden um die Ecke hatte, sind vorbei. Heute fährt man auch viermal die Woche zehn Kilometer zum Einkaufen und der Arbeitsweg ist oft auch viel weiter. Immer mehr Menschen pendeln zur Arbeit und nehmen Wege in Kauf, die es in dieser Form früher nicht gegeben hätte. Es bildet sich ein Speckgürtel rund um die großen Städte, die oft nur mit einem riesigen Verkehrsaufkommen denkbar sind.

Aus den autarken Trabantenstädten der 70er Jahre sind nicht selten Außenbezirke geworden, in denen viele Menschen wohnen aber kaum jemand arbeitet. Das alles muss man in den Griff bekommen und hier spielen öffentliche Verkehrsmittel natürlich eine ganz entscheidende Rolle. Ob der SPNV, der kommunale Verkehr oder was auch immer. Deswegen muss das Angebot stimmen, es muss qualitativ und quantitativ angemessen sein.

Und wenn, gerade im kommunalen ÖPNV, die dortigen Aufgabenträger sich beim Thema Controlling oft für nicht zuständig halten, ist es zumindest ein Trost, dass ein Institut wie TNS regelmäßig mit vielen tausend Fahrgästen spricht und deren Zufriedenheit evaluiert. Ja, es muss hier Messsysteme und Benchmarks geben, die dann für alle gelten.

So wie die Aufgabenträger im Eisenbahnverkehr heutzutage ganz selbstverständlich die verschiedenen Verkehrsunternehmen miteinander vergleichen und Rankings erstellen, so muss das auch im kommunalen Bereich erfolgen. Diejenigen, die die Liste der Zufriedenheit anführen, müssen dann das Vorbild für die werden, die erkennbar Probleme haben. Natürlich, wie im SPNV, kann man nicht alles 1:1 vergleichen.

In einem sozialen Brennpunkt (Stadtbezirk mit besonderem Aufmerksamkeitsbedarf) ist es schwieriger, für Sauberkeit zu sorgen als in deutlich besseren Vierteln. Trotzdem muss der Qualitätsführer stets der Benchmark für alle sein. Denn eins ist auch klar: Einen großen Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel wird es nur auf freiwilliger Basis geben. Diverse Träume von Dieselfahrverboten, von autofreien Städten, horrenden Parkgebühren und sonst was zum Trotz ist die ÖPNV-Branche selbst gefordert, für Qualität und Leistung ihres Angebotes zu sorgen.

Ja, die öffentliche Hand ist für eine auskömmliche Ko-Finanzierung zuständig, aber die Branche selbst muss sehen, dass sie das Angebot stets verbessert. Umfassende Zufriedenheitserhebungen tragen dazu bei und geben den notwendigen Ansporn. Deshalb ist es richtig, diese einmal im Jahr bundesweit durchzuführen und unterjährig auch spezifische Befragungen zu machen. Nach den Ergebnissen ist dann die Unternehmenspolitik auszurichten. Denn der Fahrgast steht im Mittelpunkt.

Siehe auch: ÖPNV-Kundenbarometer 2018 liegt vor

Kommentare sind geschlossen.