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VBK und AVG tun was fürs Bahnklima

06.08.18 (Stuttgart) Autor:Silka Reich

Der Sommer zeigt sich von seiner besten Seite und für viele Bahnfahrgäste ist das ein echtes Problem: Nicht alle Züge sind klimatisiert und oft leidet die Aufenthaltsqualität in den Fahrzeugen erheblich. Sie sind mit ihren großen Fenstern wie ein Treibhaus. In vollen Zügen kommt zudem die menschliche Abwärme hinzu und sehr schnell fühlt man sich wie im Backofen.

Damit es nicht ganz so schlimm wird, während zwischen Nordsee und Alpenkamm die Sonne für gute Stimmung sorgt, unternehmen die Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG) und die Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK) eine Menge, um die Klimatisierung in den verschiedenen Triebzügen des Karlsruher Erfolgsmodells erträglich zu halten.

Denn wenn die Temperaturen am Oberrhein deutlich über dreißig Grad liegen steigen, bringt auch eine Bahnfahrt oft nicht die erhoffte Abkühlung, da nur bei den Neufahrzeugen vom Typ Citylink NET 2012 und ET2010 der Fahrgastraum vollklimatisiert ist. Zudem müssen bei der Einstellung der richtigen Wohlfühltemperatur, die letztlich für alle Fahrgäste angenehm ist, viele Faktoren berücksichtigt werden.

In den Neufahrzeugen vom Typ Citylink NET 2012 und ET2010, die seit ein paar Jahren sukzessive die älteren Bahnmodelle ersetzen, streut die Klimaanlage über Lüftungsschlitze in der Deckenverkleidung kühle Luft in den Fahrgastraum – außer im Gelenkbereich. Bei rund 40 älteren Fahrzeugen, die zum Teil 20 Jahre alt sind und in den kommenden Jahren aufs Abstellgeleis geschoben und daher nicht mehr nachgerüstet werden, ist diese Kühleinrichtung nur im sogenannten C-Teil in der Fahrzeugmitte vorhanden.

Die Klimaanlage im NET2012 und ET2010 wird nicht vom Fahrer, sondern zentral über eine Software gesteuert, so dass die Grundeinstellung in all diesen Bahnen einheitlich ist. Die Parameter für die Einstellung der Klimaanlagen, deren Leistungsfähigkeit bei speziellen Testverfahren in einem Windkanal durch ein externes Unternehmen geprüft wurde, folgen einer europäischen Normvorgabe und orientieren sich dabei an der jeweiligen Außentemperatur.

„Wenn die Außentemperatur zwanzig Grad Celsius oder weniger beträgt, wird die Temperatur im Fahrzeug auf zwanzig Grad Celsius reguliert, sprich, die Klimaanlage heizt dann“, erklärt Thorsten Erlenkötter, Projektleiter für die Fahrzeuge ET2010 und NET2012 bei VBK und AVG. „Ansonsten gilt die Regel: Außentemperatur minus vier Grad Celsius.“

Das bedeutet, wenn die Temperatur draußen dreißig Grad Celsius beträgt, kühlt die auf dem Dach der Bahnen verbaute Klimaanlage den Fahrgastraum auf 26 Grad Celsius herunter. Durch den Einsatz der Klimaanlage steigt der Fahrstrombedarf des Triebzuges um rund dreißig Prozent. „Wenn man den Fahrgastraum zu stark herunterkühlt, würden das viele Fahrgäste als sehr unangenehm finden, denn sie hätten beim Einstieg das Gefühl gegen eine eiskalte Wand zu laufen. Zudem hätte so ein starker Temperaturunterschied viele Erkältungskrankheiten zur Folge“, macht Erlenkötter deutlich, wie schwierig es ist, hier letztlich einen Kompromiss zu finden, mit dem alle Fahrgäste gut leben können.

Denn die eine wahre Wohlfühltemperatur gibt es nicht. Was der eine Passagier als angenehm kühl empfindet, lässt den Sitznachbarn bereits frösteln. Aber nicht nur das individuelle Hitze- und Kälteempfinden des einzelnen Fahrgastes spielen bei dieser Thematik eine Rolle, sondern auch der Fahrweg und die Reisedauer. Im Innenstadtbereich von Karlsruhe, wo die Haltestellen sehr eng beieinander liegen, kommt es in sehr kurzen Abständen zum Fahrgastwechsel.

Durch die dann geöffneten Türen entweicht kalte Luft nach außen und Wärme strömt in den Fahrgastraum und reduziert den kühlenden Effekt der Klimaanlage. „Wer wie die meisten Fahrgäste im Stadtgebiet nur kurze Strecken zurücklegt, bemerkt dies kaum. Wer aber eine längere Fahrtzeit hat, der empfindet dann auch einen um vier Grad heruntergekühlten Fahrgastraum nach einiger Zeit als zu warm, besonders wenn man noch neben der Sonne zugewandten Fensterscheibe sitzt“, räumt Erlenkötter ein.

Hinzu kommt die höhere Fahrgastdichte auf stark frequentierten Linien. Denn jeder Fahrgast produziert mit seinem Körper rund hundert Watt Eigenwärme, so dass sich alleine schon dadurch der Passagierraum schneller erwärmt. Ganz anders sieht es hingegen oftmals auf den langlaufenden Stadtbahnlinien der AVG aus. Hier sind die Intervalle zwischen den Fahrgastwechseln deutlich länger und der Luftaustausch bei geöffneten Türen seltener. Umso wichtiger ist eine gute Frischluftzufuhr.

Siehe auch: Klimaanlagen müssen selbstverständlich werden

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