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Die Schiene ernsthaft stärken

30.07.18 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Ziel der Deutschen Bahn ist es, die Fahrgastzahlen bis zum Jahr 2030 zu verdoppeln und wenn man hier die Werte aus 2017 zugrunde legt, muss man leider konstatieren, dass die aktuellen Steigerungen bei weitem nicht ausreichen. Zumal sich auch zwei Fragen anschließen: Sind die hierfür ohne Frage notwendigen Leistungsausweitungen überhaupt finanzierbar und kann die Infrastruktur die vielen zusätzlichen Züge aufnehmen?

Abseits großer Ziele sind die Steigerungswerte durchaus positiv zu sehen, wobei hier der Bezug zum übrigen Verkehrsaufkommen fehlt. Dass man über den Modal Split in der Eisenbahnbranche nicht gerne spricht, ist verständlich: Dieser verharrt seit Jahrzehnten auf niedrigem Niveau. Zumindest bundesweit im Durchschnitt ist die Eisenbahn nur ein Nischenprodukt auf dem Verkehrsmarkt.

Das mag in Metropolregionen anders sein, aber das ist eben nur eine von vielen Facetten. Dabei hat sich in den letzten zehn Jahren sehr wohl einiges zum guten gewandt. 2008 war jedes Frühjahr das große Bangen angesagt: Das war nämlich die Zeit, in der DB Fernverkehr bekanntgegeben hat, welche Verbindungen zum nächsten Fahrplanwechsel im Dezember eingestellt werden.

Der SPFV war ein großes Streichkonzert: Die Mehdorn-Bahn wollte börsenfähig werden und was keine ausreichende Rendite brachte, war im Weg. Und auch heute zeigt sich, dass die Eigenwirtschaftlichkeit des Fernverkehrs nicht funktioniert, zumindest nicht für einen Deutschlandtakt. Nirgendwo steht geschrieben, dass der Fernverkehr eigenwirtschaftlich sein muss.

Im Gegenteil: Artikel 87e des Grundgesetzes definiert eine Pflicht des Bundes, wobei ein Gesetz das nähere zu regeln hat. Nach inzwischen drei Bundesratsanläufen, die allesamt auf dem Postweg Richtung Bundestag verloren gegangen sind, zeigt sich, dass der Bund sich dafür nicht interessiert. Obwohl seit vielen Legislaturperioden der Deutschlandtakt in jedem Koalitionsvertrag steht, wird nichts in diese Richtung gemacht: Weder unter dem jetzt dritten CSU-Verkehrsminister noch zuvor, als die SPD den Posten elf Jahre mit verschiedenen Leuten besetzt hat.

Die Länder können natürlich einen vierten oder fünften Anlauf starten, aber es wird immer unwahrscheinlicher, dass was draus wird. Im Gegenteil: Solange immer wieder Aufgabenträger die Bestrebungen der DB AG unterstützen, bestehende SPFV-Leistungen aus Regionalisierungsgeldern zu unterstützen, gibt es keinerlei Handlungsdruck. Und gerade das ist ja so ein Punkt. Das ist der Beweis dafür, dass viele wichtige Fernverkehrsleistungen aus den Fahrgelderträgen nicht auskömmlich finanzierbar sind.

Wenn man also wirklich einen Trend zur Schiene bestärken will, dann ist es nötig, dass die Bundesregierung sich zu ihrer Verantwortung für den SPFV bekennt und einen zuständigen Aufgabenträger einrichtet: Der könnte etwa bei der Bundesnetzagentur, aber auch bei der BAG-SPNV angesiedelt sein. Nur eins kann man im 25. Jahr der Eisenbahnreform sagen: Eine unreflektierte Marktgläubigkeit reicht nicht.

Siehe auch: DB AG stellt Halbjahresbilanz 2018 vor

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