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Die Straßenbahn ist eine gute Sache

25.06.18 (Baden-Württemberg, Kommentar, Rheinland-Pfalz) Autor:Stefan Hennigfeld

Es gab in der Bonner Republik eine Zeit, da ging man davon aus, die Straßenbahn habe sich überlebt: Eine im Autoverkehr mitschwimmende Bahn kann man doch auch durch einen Bus ersetzen. Der braucht weniger Infrastruktur und zudem sind die „Rillen in den Straßen“ ja auch ein Hindernis. Tatsächlich fielen dem Stadtbahnbau dieser Zeit viele klassische Tramstrecken zum Opfer: Man fährt halt noch solange, bis das Upgrade der wichtigsten Linien fertiggestellt ist.

Die eine oder andere Stichstrecke, die Fahrt durch weniger stark besiedelte Gebiete und vieles mehr, die kann man dann ja mit Bussen erledigen. Und heute wissen wir, dass es doch ein wenig anders ist. Die Straßenbahn ist ein hochleistungsfähiges Verkehrsmittel und bezogen auf die Wirtschaftlichkeit bzw. die Kosten-Nutzen-Erwägung der teuren Stadtbahn oft sogar überlegen. Man kann mit wenig Aufwand Ampelvorrangschaltungen errichten und man kann die Straßenbahn, oft auch in Doppeltraktion, mit vielen Menschen darin an den wartenden Autos vorbeifahren lassen.

Man stellt sich immer die klassische zweiachsige Bim vor, aber das ist die Straßenbahn von heute nicht mehr. Was wir sehen sind hochmoderne Triebzüge mit besonders guten Brems- und Beschleunigungswerten, die auf dem eigenen Gleiskörper erhebliche Geschwindigkeiten erreichen können. Gleichzeitig ist es aber möglich, diese an Kreuzungen in die Ampelphasen so zu integrieren, dass man auf aufwendige Ingenieursbauten oft verzichten kann.

Kurzum: Es ist richtig und wichtig, auch in Zukunft auf gute Straßenbahnsysteme zu setzen. Das haben seit der Jahrtausendwende viele Städte erkannt und fahren ihre kommunale Schiene vielfach nicht mehr auf Verschleiß, sondern es wird investiert. Ob Beschleunigungsmaßnahmen, neue und größere Triebzüge oder auch in ganz neue Strecken. Denn tatsächlich weiß man heute, dass so manch einer die Straßenbahn nutzt, der nicht mit dem Bus fahren würde.

Ist das irrational? Vielleicht. Aber intuitiv wird die Straßenbahn von vielen Fahrgästen als höherwertiger wahrgenommen. Moderne Linienbusse haben natürlich auch nichts mehr mit dem Schulbuscharme der 90er Jahre zu tun, aber dennoch ist die Straßenbahn als schienengebundenes Verkehrsmittel für so manch einen potentiellen Fahrgast attraktiver.

Es gilt jetzt also, an einem Strang zu ziehen, wie das im Großraum Rhein-Neckar getan wird: Mehrere Städte müssen sich gemeinsam dafür entscheiden, ihr Straßenbahnsystem zu erhalten und aufzuwerten. Dann sind in vielen Fällen auch Bundes- und Landesregierungen gefordert, angemessene Fördergelder bereitzustellen.

Denn vieles können die Kommunen auch nicht alleine stemmen. Dafür sind sie auch nicht da. Hier spielt der Begriff gesamtstaatliche Aufgabe eine Rolle: Es sind verschiedene Ebenen zuständig und dafür gilt es, Mehrheiten zu beschaffen. Und dann muss man solche Planungen auch unabhängig von der Farblehre der jeweiligen Regierungskonstellation unabhängig machen, eine Legislaturperiode reicht nicht. Aber es ist eine gute Sache!

Siehe auch: RNV: Achtzig neue Škoda-Tram-Triebzüge

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