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Was heißt Verkehrswende?

14.06.18 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Dreißig Prozent Fahrgastwachstum in den kommenden zwölf Jahren (1. Januar 2019 bis 31. Dezember 2030) entsprechen einer durchschnittlichen Steigerung von 2,5 Prozent per annum. Das ist jetzt nicht so doll viel und wenn man sich überlegt, dass der Modal Split seit Jahrzehnten auf niedrigem Niveau stag-niert, dann klingt das auch nicht nach einer ernsthaften Verkehrswende.

Denn was heißt denn Verkehrswende? Man geht davon aus, dass Verkehrsströme im großen Stil vom motorisierten Individualverkehr auf der Straße wegkommen hin zu öffentlichen Verkehrsmitteln: Nicht nur mehr Güterzüge, sondern eine effektive Steigerung des Anteils der Schiene am Gesamtaufkommen im Güterverkehr zulasten der Straße. Auch im Personenverkehr müsste die Zahl der Autofahrten idealerweise sogar sinken.

Bislang hat man es allenfalls geschafft, zumindest bundesweit im Durchschnitt, das gestiegene Gesamtverkehrsaufkommen auf der Schiene abzubilden. Wenn mehr Menschen in Städten wie Berlin, Köln, Hamburg oder München unterwegs sind, dann liegt es in der Natur der Sache, dass auch mehr Menschen mit Bussen und Bahnen fahren. Man muss aber erreichen, dass der Umweltverbund stärker wächst als der Verkehrsmarkt insgesamt.

Das hat man bislang nicht geschafft. Die vom VDV genannten Forderungen als Voraussetzung dafür sind dabei durchaus richtig: Ja, wir brauchen ein qualitativ und quantitativ besseres Angebot. Die Züge müssen zuverlässig fahren, sie dürfen nicht überfüllt sein, d.h. das Angebot muss dimensioniert sein und die Haustür-zu-Haustür-Reisekette muss ebenfalls wettbewerbsfähig sein.

Niemand hat Lust, nach Feierabend noch eine Ewigkeit am Bahnhof auf den Bus zu warten. Aber das allein ist nur ein Teil dessen, was zu tun ist. So muss die Infrastruktur auf ein Niveau gebracht werden, das die zusätzlichen Massen auch aufnehmen kann: Sowohl im Güter- als auch im Verkehrsbereich. Man wird viel investieren müssen, wenn mehr Personen- und mehr Güterzüge im Netz unterwegs sein sollen.

Mehr Überholgleise, mehr Ausweichstellen, eine insgesamt robustere Infrastruktur ist notwendig. Und dann muss man sich die Frage nach der Personalverfügbarkeit stellen. Viele Unternehmen haben heute schon Probleme, ihre Aufträge zu erfüllen, weil es an Mitarbeitern fehlt und weil diese eben auch nicht einfach zu akquirieren sind

Wie will man, gerade vor dem Hintergrund der Verrentung der einstigen Babyboomer-Generation, dafür sorgen, dass man nicht nur ausscheidende Eisenbahner ersetzt, sondern insgesamt mehr Menschen für einen Beruf rund um die Schiene begeistert? Wäre es nicht gerade hier notwendig, dass die Unternehmen nicht nur enger zusammenarbeiten, sondern ein deutlich größeres Engagement zeigen als bislang?

Der VDV jedenfalls wäre genau der Verband, der solche Dinge organisieren und planen kann. Damit die Unternehmen auch nicht mehr so stark in Konkurrenz zueinander stehen, sondern man andere Branchen als gemeinsame Konkurrenz um gute neue Kollegen betrachten kann.

Siehe auch: VDV: Verkehrswende ist möglich

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