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Visionen in die Wirklichkeit bringen

24.05.18 (München) Autor:Stefan Hennigfeld

Ja, man braucht im urbanen Raum Mittel und Wege, über den konventionellen ÖPNV hinaus dafür zu sorgen, dass man auf das eigene Auto verzichten kann. Kurzzeitmietmöglichkeiten für Autos und Fahrräder sind inzwischen fester Bestandteil und die Anbieter stehen teilweise in Konkurrenz zueinander. Das sichert den Kunden faire Preise und ständige Innovationen. Doch reicht das? In München zeigt man demnächst, welche Optionen man noch hat und was man alles bewegen kann, wenn man eine Idee umsetzt.

In Nordhessen gibt es bereits seit einiger Zeit die Möglichkeit, Mitfahrtgelegenheiten über den Verkehrsverbund zu organisieren. Der Isartiger geht in eine ähnliche Richtung und soll nachfrageorientiert fahren. Da hat vielleicht jemand mehrere Getränkekisten dabei oder anderweitige größere Einkäufe. Klar, wer einen Führerschein hat, der bringt seinen Wocheneinkauf mit einem Carsharing-Auto nach Hause: Drive-Now, Car2Go, Flinkster: Sie alle sind vor Ort vertreten.

Aber was machen denn Leute, die vielleicht aus welchen Gründen auch immer gar keinen Führerschein haben? Klar, die Oma von morgen hat definitiv öfter einen Führerschein als es heute der Fall ist. Aber wenn nicht? Muss es denn immer das Taxi sein? Warum soll man nicht auch im Rahmen eines Verkehrsverbundes Fahrtangebote etwa von der Bushaltestelle am Einkaufszentrum in ein bestimmtes Wohngebiet machen?

Bei Uber hat man zurecht einige Dinge moniert, die nicht in Ordnung waren. Der Vorwurf, dass es sich teilweise im schwarze Gewerbe gehandelt haben soll, mag hart sein, nur letztlich muss man sich hier Versicherungs- und auch Steuerfragen genauer angucken und stellt fest, dass das alles zurecht bis auf weiteres eingestellt wurde. Aber gerade vor diesem Hintergrund ist der Isartiger doch eine Idee, die auch in anderen Großstädten Schule machen sollte.

Dabei kann die Multimodalität alle möglichen Richtungen einschlagen, die man sich jetzt noch gar nicht vorstellen kann. Das ist ja das gute, wenn eine Branche Neuland betritt: Man kann vieles versuchen und darf sich auch von möglichen Rückschlägen nicht aus der Bahn werfen lassen. Denken wir doch einfach zehn Jahre zurück: Ich bin mir sicher, in den Jahren 2008 oder gar 2006 hätten die meisten Vertreter der ÖV-Branche wohl jede Forderung nach einer Verzahnung aus Carsharing und dem Verkehrsverbund als realitätsfern zurückgewiesen.

Die vielen Bedenkenträger, die leider auch in der Eisenbahnbranche immer wieder erklären, warum irgendwas nicht geht oder warum irgendwas gar nicht gehen kann, werden auch in der Gegenwart wieder viele Gründe zu nennen wissen, wieso man für die Zukunft bestimmte Gestaltungsmöglichkeiten nicht nutzen kann.

Aber davon sollte sich niemand aufhalten lassen. Es ist jetzt an der Zeit, Visionen in die Tat umzusetzen. Während die einen über Fahrverbote und Abgasskandale reden ist es Zeit, den ÖPNV in all seinen Facetten besser und einfacher zu machen.Es sind die Phantasten und Visionäre, die die Welt in Atem halten und verändern – nicht die Erbsenzähler.

Siehe auch: München testet Isartiger

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