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Ja zu mehr Marktwirtschaft

14.05.18 (Fernverkehr, Kommentar, Schweiz, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Was spricht dagegen, Eisenbahnleistungen von inländischen Unternehmen mit inländischen Zulassungen fahren zu lassen, wenn deren Gesellschafter im Ausland sitzen? Überall in Europa warnen Gewerkschaften und Eisenbahnromantiker davor, die eigene Schiene „ausländischen Konzern“ zu überlassen. Auch in Deutschland ist das mehrfach passiert. So gibt es im GDL-Archiv einen ganzen Strauß an Aushängen und Pressemeldungen, in denen mit genau diesem Begriff gegen Wettbewerbsbahnen polemisiert wird.

Dabei ist die hiesige Staatseisenbahn mit ihrer Tochtergesellschaft Arriva selbst in zahlreichen ausländischen Eisenbahnmärkten tätig und das sogar oft sehr erfolgreich. Warum sollen die aus den früheren Monopolbahnen hervorgegangenen Unternehmen nicht in verschiedenen Ländern miteinander konkurrieren? So profitieren am Ende alle Unternehmen ebenso wie die jeweiligen Eisenbahnsektoren selbst.

Denn seien wir ehrlich: Die massive Qualitätssteigerung der letzten Jahrzehnte ist dem Wettbewerb zu verdanken. Dass DB Regio heute nicht mehr die Ex-Bundesbahn ist, sondern eines von zahlreichen Unternehmen im SPNV-Markt ist nicht einfach so passiert, sondern dem höheren Marktdruck geschuldet. Man wusste in den Führungsetagen, dass das Unternehmen nur dann Ausschreibungen gewinnen und am Markt bestehen kann, wenn man ähnlich effizient arbeitet wie die Konkurrenz.

In der Schweiz ist man vor einigen Jahren mit der Eisenbahnreform 2.2 in eine ähnliche Richtung gegangen: Man hat den Weg für Ausschreibungswettbewerbe politisch freigemacht, auch wenn die SBB dort als Monopolist noch immer gewünscht zu sein scheint. Aber stimmt das eigentlich? Ein Blick zu den Eidgenossen zeigt, dass nur etwa die Hälfte der Eisenbahninfrastruktur überhaupt in SBB-Händen ist.

Der Rest wird von Unternehmen betrieben, die größtenteils im kantonalen oder gar kommunalen Eigentum stehen. Große Teile des SPNV haben eben gerade nichts mit der SBB zu tun, sondern mit anderen Unternehmen. Auch die BLS, die jetzt in den SPFV einsteigen will, kommt aus diesem Bereich. Es gibt also Wettbewerb zwischen den Unternehmen: Natürlich kann ich nicht von Müller-Rail auf Schienen-Schulz umsteigen, aber die Qualität der verschiedenen Unternehmen ist durchaus vergleichbar.

So entstehen Benchmarks für die gesamte Branche. Wenn jetzt auch noch ausländische Konzerne in den schweizerischen Eisenbahnmarkt eintreten würden, die einheimischen Unternehmen sich aber auch in anderen europäischen Ländern um Aufträge bemühen, dann profitieren davon alle: In der Schweiz kann man ähnlich erfolgreiche Strukturen schaffen wie es sie heute schon in zahlreichen EU-Staaten gibt, während etwa hier in Deutschland mehr Bieter im Markt wären. Heißt es nicht immer, es gäbe einen Erstellermangel? Dann wäre es doch hocherfreulich, wenn die SBB und vielleicht noch andere Eisenbahnunternehmen aus der Schweiz in den hiesigen Markt kämen. Und so zeigt sich am Ende: Marktwirtschaft ist für alle die erfolgreichste Politik.

Siehe auch: Schweiz: SPFV-Konzession könnte aufgeteilt werden

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