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Schweiz: SPFV-Konzession könnte aufgeteilt werden

14.05.18 (Fernverkehr, Schweiz, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Das Bundesamt für Verkehr (BAV) schlägt in einer Anhörung vor, der BLS AG ab Dezember 2019 den Betrieb von zwei kleinen Fernverkehrslinien zu übertragen. Zusätzlich kündet das BAV an, dass es die Regeln für die zukünftige Vergabe von Fernverkehrslinien anpassen will. Die SBB kritisiert dieses Vorgehen und warnt vor höheren Preisen und schlechter Qualität, begrüßt jedoch dass es eine konkrete Diskussionsgrundlage gibt.

Bei der SBB heißt es dazu: „Das heutige höchstbelastete Mischverkehrsnetz ist perfekt abgestimmt. Es hat im Vergleich zu europäischen Bahnsystemen den Charakter einer S-Bahn Schweiz. Das gemeinsame Tarifsystem, der Taktfahrplan und durchgängige Tickets bringen optimalen Kundennutzen.“ Mittel für zusätzliche Preissenkungsmaßnahmen wie Sparpreise würden fehlen, die geplante integrale Zugsbegleitung im Fernverkehr (Interregio) wäre erneut in Frage gestellt.

Gefährdet wäre dadurch auch die Ambition, die Preise bis mindestens 2020 stabil zu halten. Die SBB schlägt daher eine Mehrbahnenlösung unter einer einheitlichen Fernverkehrskonzession der SBB vor. So wie dies mit der Kooperation zwischen der SOB und der SBB geplant ist. 244 Transportunternehmen, 26 Kantone und der Bund sind heute bereits in der Eisenbahnbranche der Schweiz aktiv.

Die zusätzlich vom BAV vorgeschlagenen Anpassungen in der Finanzierung – Veränderung der Deckungsbeiträge zur Finanzierung der Infrastruktur sowie Begrenzung der Fernverkehrsgewinne – greifen deutlich in das aktuelle ÖV-Finanzierungssystem ein. „Sie setzen Fehlanreize, greifen ins Geschäftsmodell der SBB ein und stehen im Widerspruch zu den Erwartungen des Eigentümers“, so die SBB.

Diese Anpassungen waren zu Beginn der Ausschreibung nicht bekannt und verändern damit auf unzulässige Art und Weise die Rahmenbedingungen im laufenden Ausschreibungsverfahren und führen zu einer Ungleichbehandlung von BLS und SBB. Die Pläne des BAV würden nach Einschätzung der SBB ab 2020 bei der SBB Mehrkosten von rund hundert Millionen Franken pro Jahr verursachen. Diese Mehraufwände werden zu höheren Preise für Kunden und Besteller führen.

Im Gegenzug würde die BLS auf ihren zwei Linien um 5,6 Millionen Franken pro Jahr entlastet. Die SBB hält die Öffnung des Eisenbahnmarktes für riskant: „Ein Aufbrechen dieses Systems bringt für die Kunden keinen Mehrwert, sondern führt dazu, dass betriebliche Synergien nicht mehr genützt werden können. Verschlechterte Kundeninformation und unkoordiniertes Störungsmanagement wären die Folge.“

Heute wird der Fernverkehrs-Gewinn vollständig in die Qualität des Fernverkehrsangebots reinvestiert. Die SBB hat bereits für 800 Millionen Franken neues Fernverkehrsrollmaterial beschafft und für mehr als drei Milliarden Franken Rollmaterial bestellt. Zusätzlich werden aktuell rund 250 Millionen Franken in den Ausbau der Unterhaltsanlagen für die neuen Züge und damit in zusätzliche Industriearbeitsplätze und den Standort Schweiz investiert.

Das alles könnte gefährdet sein, wenn man das Monopol, bzw. die Monopole der verschiedenen derzeit tätigen Unternehmen auflöst. Weiter heißt es in einer SBB-Stellungnahme: „Neben der Netzaufteilung und der neuen Finanzierung im Fernverkehr wird derzeit diskutiert, den internationalen Personenverkehr und die Vertriebssysteme zu öffnen. Durch diese Änderungen entsteht das Risiko, dass ausländischen Bahnen zukünftig in den Schweizer Bahnmarkt eintreten.“

Weiter heißt es: „In einem solchen Wettbewerb würden die kleinen Bahnen der Schweiz, welche keine oder nur beschränkte Gewinne machen dürfen, von den großen europäischen Bahnunternehmen in eine Nebenrolle gedrängt. Gewinne von rentablen nationalen Linien würden ins Ausland abfließen, den Schweizer Bahnen blieben vor allem die unrentablen Linien. Dies würde zu einer Spirale von Angebotsabbau, Kostensteigerungen und Preiserhöhungen für Kunden, Besteller und Steuerzahler führen.

Das bisherige, aus den beiden Eisenbahnreformen hervorgegangene System basiert auf einer Einheitskonzession für den Fernverkehr. Bei einer Netzaufteilung bleiben wichtige Fragen unbeantwortet: Ist die gesetzliche Grundlage in der Schweiz ausreichend, kann eine solche Weichenstellung ohne politische Grundsatzdiskussion erfolgen, sind negative Auswirkungen auf Netzeffekte genügend berücksichtigt? Die SBB erachtet die geplante Übertragung von zwei Linien an die BLS als willkürlich und kündigt Rechtsmittel gegen eine mögliche Mehrbahnenlösung durch das BAV an.

Siehe auch: Ja zu mehr Marktwirtschaft

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