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Gutes Geld für gute Arbeit

12.03.18 (Baden-Württemberg, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Man muss sich in Baden-Württemberg mit der Frage beschäftigen, wie man als Eisenbahnbranche künftig gegen die Konkurrenz bestehen möchte: Nicht zwischen DB Regio und Go-Ahead, sondern mit im Ländle ansässigen Unternehmen wie Bosch, Porsche oder Daimler-Benz. Gerade in der Metropolregion Stuttgart muss man anerkennen, dass irgendwelche Branchentarifverträge oder bundesweite Rahmentarifverträge nicht ausreichend, um das Personal zu finden, das man für den Betrieb braucht.

Das betrifft nicht Bertas Bahn oder Schienen-Schulz, sondern die gesamte Branche. Vollbeschäftigung und offene Stellen in der Industrie sorgen dafür, dass die Eisenbahn mit in Brandenburg üblichen Löhnen in Baden-Württemberg nicht konkurrieren kann. Entsprechend muss man in Zukunft dort mehr Geld aufwenden.

Im Grunde wäre das auch der Anknüpfungspunkt, an dem die EVG ansetzen müsste anstatt am längst und mehrfach widerlegten Narrativ der im Vergleich zu DB Regio schlechter oder sogar nicht auskömmlich bezahlenden Wettbewerbsbahnen festzuhalten. Die der Realität deutlich nähere Unternehmensführung bei DB Regio dürfte indes durchaus erleichtert sein, dass man in den kommenden Jahren weniger Personal suchen muss, weil sich das Leistungsvolumen verringert.

Denn im Vergleich zu den in Baden-Württemberg ansässigen DAX-Konzernen zahlt auch DB Regio keine wettbewerbsfähigen Löhne. Statt immer wieder obskure Vorwürfe gegen die eigenen Tarifpartner zu erheben, wäre man bei der EVG gut beraten, konstruktiv an der Lösung eines branchenweiten Problems mitzuarbeiten.

Dem könnte man sich etwa so annehmen: Man vereinbart einen Branchentarivertrag SPNV Baden-Württemberg, der deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegt. Das sorgt einerseits dafür, dass ein Umzug ins Ländle für Eisenbahner aus anderen Regionen interessant wird und andererseits hat die Schiene im Vergleich zur Industrie dann auf dem Arbeitsmarkt bessere Chancen, gute Bewerber zu finden.

Denn das ist der Dreiklang von Angebot, Nachfrage und Preis im Alltag: Übersteigt die Nachfrage nach der Arbeitskraft das Angebot, muss der Preis steigen, damit das Angebot ebenfalls nach oben geht. Gerade in Mangelberufen geht das oft nicht anders. Die Landespolitik ist dann in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass entsprechend realistische Lohnkosten auch von allen Bietern kalkuliert werden müssen: Dass nicht einer kommt und davon ausgeht, Tarifverträge anwenden zu können, für deren Gehaltshöhe man vor Ort keine ausreichende Zahl an Mitarbeitern findet.

Gleichzeitig müssen auch Ausbildungsquoten verbindlich vorgeschrieben werden. Um sicherzustellen, dass es auch in Zukunft ausreichend Mitarbeiter gibt. Wenn die Arbeitsämter dann nicht in der Lage oder auch nicht bereit sind, diese Ausbildungen über Bildungsgutscheine zu finanzieren, dann müssen die Betreiber es selbst tun. Auch in der Eisenbahnbranche gilt: Gute Arbeit kostet gutes Geld. Das zu erkennen und zu kommunizieren wäre jetzt notwendig. Die EVG täte gut daran, das zu erkennen.

Siehe auch: Baden-Württemberg: Runder Tisch Personal

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