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Leute finden ist gar nicht leicht

01.02.18 (Baden-Württemberg, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Wie kann ein Aufgabenträger reagieren, wenn ein Eisenbahnverkehrsunternehmen in der Krise ist? Hat er die Möglichkeit, einzugreifen und zu intervenieren oder kann er nur ein langes Gesicht machen? In Baden-Württemberg zeigt sich dieser Tage, dass der Aufgabenträger mehr ist als die Subventionsbewilligungsstelle und dass dieser auch in laufenden Vertragsperioden für ein umfassendes Controlling zuständig ist – an jedem ganz normalen Betriebstag.

Wenn regelmäßig nicht ausreichend betriebsfähiges Rollmaterial zur Verfügung steht, dann muss das einen Grund haben und dem müssen Aufgabenträger und Krisen-Unternehmen gemeinsam auf den Grund gehen. Auch Personalmangel kann keine Ausrede sein, sondern hier ist es notwendig, sicherzustellen, dass ausreichend Mitarbeiter im Unternehmen sind.

Ja, Baden-Württemberg hat nicht nur Vollbeschäftigung, sondern es werden in der Wirtschaft auch Löhne gezahlt, die höher sind als in Deutschland üblich. Möglicherweise ist das für die Eisenbahn im Ländle insgesamt ein Problem: Da konkurrieren nicht nur DB Regio, Abellio, Go-Ahead, die AVG, DB Fernverkehr und die SWEG um die gute Mitarbeiter, sondern die Konkurrenten sind zudem noch Daimler-Benz, Porsche, Siemens oder Bosch.

Es ist durchaus möglich, dass die Referenz im Südwesten der Republik keine Branchentarifverträge von EVG und GDL sind, sondern wirklich die Bezahlung in der lukrativen Industrie. Wer bei Porsche das doppelte verdienen kann, der wird kein Eisenbahner und entsprechend sind die Unternehmen gezwungen, aktiv um neue Mitarbeiter zu werben, womöglich auch mit Löhnen, die über der in Deutschland üblichen Bezahlung im Eisenbahnwesen liegen.

Der Dreiklang von Angebot, Preis und Nachfrage gilt eben doch auch für den Arbeitsmarkt und wo Vollbeschäftigung und ein hohes Lohnniveau herrschen können auch Eisenbahner mehr verlangen als etwa in Gelsenkirchen oder Cottbus. Wenn so ein Eisenbahnbetreiber in Stuttgart (oder München) das Arbeitsamt anruft und darum bittet, möglichst viele potentielle Lokführer zu bekommen, dann wird man das Problem damit nicht lösen: Die haben nämlich die Leute nicht, die gebraucht werden.

So gesehen dürfte man bei DB Regio gar nicht so sehr betroffen über die Tatsache sein, dass der Marktanteil in Baden-Württemberg in den kommenden Jahren sinken wird: So nimmt man den Druck aus der eigenen Personalsituation und übergibt das Problem an nachfolgende Betreiber. Tatsache aber ist, dass die Eisenbahn sich als Arbeitgeber gut aufstellen muss, denn abgesehen von der Bezahlung ist gerade Job auf dem Zug (ob als Lokführer oder Zugbegleiter) deutlich aufreibender als der planbare Schichtdienst.

Ja, Lokführer im Regionalverkehr sehen in der Regel jede Nacht ihr eigenes Bett, das ist im Dreischichtsystem anders. Es stimmt aber auch, dass die Dienste auf der Schiene oftmals auf ganz andere Art und Weise aufreibend sind. Deswegen muss man sich schon jetzt branchenweit die Frage stellen, wie man in einer Boomregion wie Baden-Württemberg damit umgeht.

Siehe auch: BaWü: Zwischenbilanz zum Aktionsplan

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