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Der Bus hat Pluspotential

15.01.18 (Brandenburg, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Niemand weiß, ob CDU, CSU und SPD zu einem neuen Koalitionsvertrag kommen oder ob noch eine Weile sondiert und verhandelt wird. Gibt es vielleicht sogar doch Neuwahlen oder eine Minderheitsregierung, die mit wechselnden Mehrheiten Politik machen muss? Wer kann das schon sagen? Nur in einem bin ich mir sicher: Erneut wird das Schlagwort Deutschlandtakt in einem wie auch immer gearteten Koalitions- oder Kooperationsvertrag stehen.

Das ist seit mehrere Legislaturperioden gute Tradition und man will sich ja für die gute Sache einsetzen. Natürlich passiert dann nie was und Papier ist geduldig, aber die Ankündigung kennen wir und werden sie wohl auch erneut sehen. So ein Deutschlandtakt hat etwas mit einem verlässlichen SPFV zu tun, aber eben nicht nur.

Man braucht auch nach unten vernünftige Anbindungen: Der Bahnhof, auch in dünn besiedelten Regionen Brandenburgs, muss anständig an den Stadt- und Regionalverkehr angebunden sein. Was nutzt es denn, wenn man in einer halben Stunde in Berlin ist, aber am heimischen Bahnhof nur dreimal am Tag ein Bus weiter in den Nachbarort fährt? Soll das ernsthafte Mobilitätsverfügbarkeit sein? Also bitte!

Nein, hier braucht es übergeordnete Stellen, die einheitliche Qualitätsmerkmale vorschreiben und dazu gehört auch, dass der Stadtbusverkehr sich gefälligst am SPNV auszurichten hat. Der Fahrplan wird nicht so gemacht, wie es sich irgendwelche Planungsämter nach eigenem Gutdünken überlegen, sondern es braucht ein ganzheitliches Konzept, das von oben nach unten abgestimmt ist.

Dazu gehört eine vernünftige Bedienzeit, auch am Wochenende, und ein guter Übergang zum SPNV. Das gilt nicht nur in Brandenburg, das gilt überall. So sinnvoll das Subsidiaritätsprinzip bei der Planung des ÖPNV ja sein mag, so wichtig ist es, dass man „von oben“ die Orientierung des Fahrplans an den SPNV vorgeben kann. Im Zweifel muss so ein Verkehrsverbund bzw. der SPNV-Aufgabenträger hier auch ein Durchgriffsrecht haben und sagen können „So geht das nicht.“

Dabei hat der Bus nicht unbedingt nur eine reine Zubringer-Funktion. Wer eine Schienenkarte von 1945 mit einer Schienenkarte der Gegenwart vergleicht, der stellt fest, dass die Schiene in den Jahrzehnten nach dem zweiten Weltkrieg erheblich gelitten hat – im Osten vielleicht nicht ganz so wie in der Bonner Republik, aber das Problem ist erkennbar. Nun ist es unrealistisch, all die einst existenten Strecken in einem überschaubaren Zeitraum wieder in Betrieb zu nehmen.

Aber so manch eine Relation kann man mit Schnell- und Expressbussen fahren. Wenn die Bahnstrecke weg ist, warum sollen bestimmte beschleunigte Buslinien nicht dann in jedem Ort nur einmal halten und ansonsten relativ schnell fahren? Was spricht dagegen, in manchen Fällen nicht auch die Autobahn als Verkehrsträger für Linienbusse zu nutzen? So wie man es ja in Baden-Württemberg als Ergänzung zum SPNV auch macht. Der Bus kann und muss daher beides sein: Zubringer und Ergänzung. Nur so kann ein robustes ÖV-Gesamtsystem entstehen.

Siehe auch: Im VBB startet ein weiterer Plusbus
Foto: Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg

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