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Abgeordnete erhalten verstärktes Auskunftsrecht

13.11.17 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Es war im Jahr 2010, als die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung auf einige Anfragen der Fraktion der Grünen im Bundestag nicht ausreichend geantwortet hat. Es ging dabei um Details zur Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung zwischen dem Bund und dem Bundesunternehmen DB Netz, um mögliche Kostensteigerungen im Zusammenhang mit Stuttgart 21 und um Maßnahmen zur Betriebsstabilisierung im Eisenbahnnetz.

Diese beantwortete aus Sicht der Fragesteller sämtliche Anfragen nur unzureichend, weshalb sie im Organstreitverfahren die Feststellung begehren, dass die Bundesregierung die von ihnen erbetenen Auskünfte unter Berufung auf verfassungsrechtlich nicht tragfähige Erwägungen verweigert oder nur unzureichend beantwortet und sie sowie den Deutschen Bundestag in seinen Auskunfts- und Informationsrechten missachtet hat.

Die Bundesregierung muss im Falle einer Auskunftsverweigerung die Gründe darlegen, aus denen sie die erbetenen Auskünfte verweigert oder in nicht öffentlicher Form erteilt. Einer besonderen Begründungspflicht unterliegt die Bundesregierung, soweit sie ihre Antwort eingestuft in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zur Verfügung stellt.

Es ist Aufgabe der Bundesregierung, nachvollziehbar darzulegen, aus welchem Grund die angeforderten Informationen geheimhaltungsbedürftig sind und warum sie gegebenenfalls auch noch nach Jahren oder sogar nach Abschluss des betreffenden Vorgangs nicht Gegenstand einer öffentlichen Antwort sein können.

Die Bundesregierung hat die Grenzen ihrer Antwortpflicht bei der Beantwortung der streitgegenständlichen Fragen betreffend den Themenkomplex Deutsche Bahn AG verkannt und hierdurch Rechte der Abgeordneten verletzt. Die Tätigkeiten von mehrheitlich oder vollständig in der Hand des Bundes befindlichen Unternehmen in Privatrechtsform unterfallen dem Verantwortungsbereich der Bundesregierung.

Dies ergibt sich aus der Legitimationsbedürftigkeit erwerbswirtschaftlicher Betätigung der öffentlichen Hand. Dabei ist die Verantwortlichkeit der Regierung nicht auf die ihr gesetzlich eingeräumten Einwirkungs- und Kontrollrechte beschränkt. Bei dem derzeitigen Stand der Verflechtung von Staat und DB AG ist daher der Verantwortungsbereich der Bundesregierung im Rahmen des parlamentarischen Fragerechts eröffnet.

Denn solange der Bund eine Gewährleistungsverantwortung sowohl für die Schienenwege als auch für die Verkehrsangebote trägt und zugleich als Alleineigentümer des Konzerns deren Geschäftspolitik zumindest bis zu einem gewissen Grade beeinflussen kann, kann er nicht von jedweder Verantwortung für die Unternehmensführung freigestellt werden.

Denn auch Verträge zwischen Bund und Bahn, wie es bei der LuFV der Fall ist, sind Verträge, die der Bund (vereinfacht gesagt) mit sich selbst schließt: DB Netz ist nicht nur ein einfaches Bundesunternehmen, sondern verwaltet und bewirtschaftet zudem auch die Eisenbahninfrastruktur des Bundes.

Die Deutsche Bahn war zwar keine Konfliktpartei, jedoch Gegenstand des Rechtsstreites. Ein Unternehmenssprecher teilte auf Anfrage mit: „Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist das Ergebnis eines Organstreitverfahrens zwischen Parlamentariern des Deutschen Bundestages und der Bundesregierung. Es betrifft die Deutsche Bahn AG nicht direkt. Dem Bund als alleinigen Eigentümer der Deutschen Bahn stehen seit jeher alle Informationen zum DB-Konzern zur Verfügung.Eine weitergehende Einschätzung können wir erst auf Basis der vollständigen Urteilsbegründung geben.“

Die Karlsruher Richter sind der Ansicht, dass Grundrechte der Deutschen Bahn AG, namentlich der Schutz ihrer Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse stehen der Auskunftserteilung nicht entgegen. Juristischen Personen des Privatrechts, deren Anteile sich – wie bei der Deutschen Bahn AG – ausschließlich in den Händen des Staates befinden, fehlt die Grundrechtsfähigkeit im Hinblick auf materielle Grundrechte.

Der Umstand, dass künftig hinter der Deutschen Bahn AG private Anteilseigner, also grundrechtsfähige natürliche Personen, stehen können, zeitigt keine Vorwirkung auf die derzeitige Rechtslage. Auch Art. 87e GG stattet die Deutsche Bahn AG nicht mit eigenen Rechten gegenüber anderen staatlichen Stellen aus; ihr wird kein abwehrrechtlicher Status gegenüber Einwirkungen des Staates auf ihre Unternehmensführung verschafft. Somit haben Abgeordnete ein umfassendes Auskunftsrecht.

Siehe auch: Die Rechte der Opposition wahren

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