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VDB fordert Innovationsprogramm

26.10.17 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Bahnindustrie in Deutschland erreichte im ersten Halbjahr 2017 mit fünf Milliarden Euro einmal mehr dynamisch ein hohes Umsatzniveau. Der Inlandsmarkt erwies sich mit 2,5 Milliarden Euro als insgesamt sehr agil. Doch eine schwächere Nachfrage aus dem Ausland bewirkte einen Rückgang von rund 9,1 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2016. Der Exportumsatz sank um 16,7 Prozent auf rund 2,5 Milliarden Euro.

Dazu Volker Schenk, Präsident des Verbands der Bahnindustrie in Deutschland (VDB), letzte Woche auf einer Pressekonferenz des Verbandes in Berlin: „Deutlicher als bisher zeichnet sich eine global wachsende Tendenz zur Marktabschottung und nationalem Protektionismus etwa durch Lokalisierungszwang ab.“

Die Bahnindustrie in Deutschland habe mit einer Exportquote von 50 Prozent klar die globale Spitzenstellung. „Rund um den Globus haben wir viele faszinierende Partnerschaften mit zukunftsweisenden Projekten. Aber gerade deshalb brauchen wir ein Level-Playing-Field, also faire Spielregeln auf einem offenen Weltmarkt. Dafür sollte sich die neue Bundesregierung mit sehr hoher Priorität einsetzen“, sagte Schenk.

Die Zahl der Beschäftigten blieb im ersten Halbjahr 2017 mit 50.200 weiterhin hoch. „Digitaler Schienenverkehr ist der Schlüssel zu mehr Klimaschutz,“ so Schenk. „Schiene 4.0 bedeutet eine neue Ära. Es kann eine Erfolgsgeschichte ‚made in Germany‘ sein, wenn es Rückenwind gibt. Der VDB fordert deshalb die neue Bundesregierung auf, rasch ein Innovationsprogramm Schiene 4.0 ins Werk zu setzen“.

Im Verkehrssektor sind im Gegensatz zu anderen großen Sektoren die Treibhausgasemissionen seit 1990 in Deutschland nicht gesunken, sondern sogar gestiegen. Die wachsende Zahl an Diesel-Pkw und die Zunahme des Lkw-Verkehrs gelten als Hauptursachen. Auf der Schiene liegt die Elektromobilität dagegen schon heute bei 90 Prozent der Verkehrsleistung. Und mehr als 40 Prozent des Bahnstroms kommt aus Erneuerbaren Energien.

„Ein Innovationsprogramm kann beides stärken: eine stärkere Verlagerung auf die Schiene und einen noch effizienteren Schienenverkehr. Beides ist Klimaschutz“, so Schenk. „Die Bahnindustrie in Deutschland investiert als Weltmarktführer rund neun Prozent ihres Umsatzes in Forschung und Entwicklung. Das Innovationsprogramm ist ein Klimaschutzprogramm. Erforderlich ist eine kraftvolle politische Flankierung, die Innovationen durch Forschung und Entwicklung fördert und Innovationen am Markt fordert. Wenn Vergaben nur auf den Billigstanbieter – also den niedrigsten Anschaffungspreis – fixiert sind, schwächen sie strukturell Innovationen“, sagte Ben Möbius, Hauptgeschäftsführer des VDB.

„‘State-of-the Art‘-Innovationen schaffen über den Lebenszyklus mehr Klimaschutz und mehr Kundenvorteil“, äußerte Möbius. „Die Basis für Schiene 4.0 legt natürlich die Digitalisierung der Infrastruktur, deshalb muss Deutschland ETCS ehrgeizig ausrollen. Außerdem gehören zu einem Innovationsprogramm auch Pilotprojekte Schiene 4.0. Hier wird Pioniergeist mit faszinierender neuer Technik und kreativstem Design zur Realität“, so Möbius.

Weitere Marktzahlen: Rund 72 Prozent des Umsatzes wurden im ersten Halbjahr 2017 mit Schienenfahrzeugen und ihren Komponenten erzielt. Der Umsatz erreichte in diesem Segment 3,6 Milliarden Euro. Das Inlandsgeschäft mit Schienenfahrzeugen verbuchte einen Wert von 1,6 Milliarden Euro. Deutlich schwächer zeigt sich das Ausland. Das Geschäft mit Fahrzeugen erreichte zwei Milliarden Euro, ein Minus von rund 16,7 Prozent.

Zum Markt bei den Schieneninfrastrukturausrüstungen: Der Umsatz mit digitaler Leit- und Sicherungstechnologie, Gleisen, Weichen, Streckenelektrifizierung, Stellwerken und Bahnübergängen bewegte sich mit 1,4 Milliarden Euro auf dem Vorjahresniveau mit zunehmend dynamischer Tendenz. Auch hier ist ein Rückgang im Exportgeschäft von rund 17 Pro-zent auf 0,5 Milliarden Euro zu verzeichnen. Das Volumen der Orders, die die aktuelle Nachfrage spiegeln, beläuft sich in den ersten sechs Monaten dieses Jahres insgesamt auf 6,2 Milliarden Euro.

Die Wirtschaftskraft der deutschen Eisenbahnindustrie ist erheblich: In über 190 Unternehmen arbeiten weit mehr als 50.000 Personen. Oft sind es hoch ausgebildete Ingenieure und Techniker, die in Deutschland und der Welt die Eisenbahn besser und sicherer machen. Damit das so bleibt, muss gerade auch im deutschen Inland ein konstant hohes Investitionsvolumen für verlässliche Nachfrage am Markt sorgen.

Siehe auch: 21. Jahrhundert statt Kaisertechnik

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