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Wettbewerb funktioniert

21.09.17 (Kommentar, Schleswig-Holstein, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Es ist zunächst einmal ein Fortschritt, dass man sich in Schleswig-Holstein überhaupt mit dem Modal Split befasst. In den vergangenen Jahren hat man in der ÖV-Branche, längst nicht nur beim VDV, über andere Dinge gesprochen: Die absoluten Fahrgastzahlen steigen, das wurde als Erfolg verkauft, auch wenn diese gerade einmal auf niedrigem Niveau in der Lage waren, das höhere Gesamtverkehrsaufkommen abzubilden.

Das ist ja auch naheliegend, denn seien wir ehrlich: Die meisten Verkehrsminister kriegen ihren Job auf Basis von Partei-, und/oder Regionalproporz, ohne dass sie im Vorfeld je mit diesem Thema befasst waren. Es mag hier Ausnahmen geben, aber die allermeisten kriegen den Job einfach so, weil man noch jemanden aus der und der Partei oder der und der Region mit einem Ministerposten versorgen muss: Du warst vier Jahre gut als Generalsekretär, als Dank wirst Du Minister.

Jetzt will man bei der Frauenquote mit gutem Beispiel vorangehen und der Koalitionspartner kommt mit drei Männern an? Machen wir nicht, wir holen eine Frau als Verkehrsministerin. Es werden jedenfalls nie oder ganz selten die, die mit Fachwissen und Kompetenz einen solchen Posten mit Leben füllen könnten. Entsprechend muss man leider davon ausgehen, dass die meisten Verkehrsminister nicht wissen, was mit dem Begriff Modal Split gemeint ist.

Die sind daher auch leicht zu beeindrucken: Die halten steigende Fahrgastzahlen für einen wirklichen Erfolg – auch wenn der Modal Split konstant niedrig ist. Noch absurder war vor einigen Jahren die Argumentation des früheren DB-Vorstandsvorsitzenden Rüdiger Grube. Der sagte, man könne den Erfolg des Verkehrsträgers Schiene daran festmachen, dass die Zahl der Fahrgäste stärker gestiegen sei als die Zahl der PKW-Neuzulassungen.

Der hat gar nicht mehr nach der Verkehrsleistung gefragt, wer interessiert sich schon für solche Kleinigkeiten? Dabei ist der Modal Split selbstverständlich die entscheidende Größe, nach der man fragen muss. Die absoluten Fahrgastzahlen sind nur ein Wert, den man braucht um diesen zu berechnen – und der ansonsten überhaupt nicht aussagefähig ist. Selbst bei sinkendem Modal Split können die absoluten Fahrgastzahlen noch steigen, der ÖPNV wächst dann eben langsamer als der Markt.

Aber während man beim VDV immer sagte, man sei ja nicht das Statistische Bundesamt und der Modal Split sei irrelevant, weil es keinen Zusammenhang zwischen der Verkehrsleistung auf der Schiene und der Verkehrsleistung insgesamt gäbe, ist man in Schleswig-Holstein nun auf einmal doch bereit, darüber zu sprechen. Schon ein kleiner Erfolg auf niedrigem Niveau – und mehr ist ein Wachstum von 7,1 auf 7,6 Prozent bei allem Respekt nicht – wird auf einmal offensiv kommuniziert.

Das zeigt natürlich, dass auch VDV und Co. den Modal Split stets im Auge hatten und aus ja eigentlich doch nachvollziehbaren Gründen lieber nicht drüber gesprochen haben. Wer räumt schon gerne sein eigenes Versagen und Scheitern ein? Schleswig-Holstein zeigt aber auch, dass die Steigerung von Qualität und Leistung Erfolg mit sich bringt: Wettbewerb funktioniert und die Eisenbahn ist wieder ein ernsthafter Verkehrsträger.

Siehe auch: Schleswig-Holstein: Bilanz für 2016 ist da

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