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Der Frankfurter Paukenschlag

18.09.17 (Hessen, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Es ist normalerweise übliche Praxis in der ÖV-Branche, die Fahrpreise jedes Jahr um das zwei- bis vierfache des Inflationswertes zu erhöhen. Nachdem das Thema Inflation im Euroraum zuletzt mit einigen geldpolitischen Besonderheiten in ein anderes Licht gerückt ist, behielt man aber zumindest die Fahrpreiserhöhungen bei. Man konnte diese nur nicht mehr an der Inflation messen, denn auch ein vielfaches von Null bleibt immer Null – manch einer wird sich an den Mathematikunterricht erinnern.

Das soll übrigens, auch wenn das einige Leser sicher so sehen, keine Polemik sein: Selbstverständlich steigen die Kosten und an einem Teil müssen sich selbstverständlich auch die Fahrgäste beteiligen. Mobilität kostet. Okay: Die Zeiten, in denen die Kraftstoffpreise explodiert sind, sind vorbei. Wenn man vier, fünf oder sechs Jahre zurückdenkt, gingen die Kosten für Dieselkraftstoff durch die Decke.

Für einzelne massive Abweichungen im Dieselpreis lassen sich dann mit Banken die viel zitierten Dieselpreissicherungsgeschäfte machen, die in der Realität nichts anderes sind als eine Wette: Ein Unternehmen zahlt für das Geschäft seinen Obolus, kann aber bei besonderen kurzzeitigen Exzessen darauf zurückgreifen, die unerwartet gestiegenen Kosten für den Dieselkraftstoff von der Bank, mit der das Geschäft gemacht wurde, zurückzubekommen. Zeitweise waren solche Geschäfte aber nicht möglich und falls doch, dann zu gigantischen Kosten, weil der Dieselpreis explodiert ist.

Inzwischen ist hier vieles anders: Die Belegschaft hat ihren Anteil an der Sanierung vieler Unternehmen erbracht, der Dieselpreis ist längst deutlich gesunken und vieles mehr. Die Ersparnisse, die man erzielt, wenn man neue, für die Belegschaft schlechtere Tarifverträge macht, stellen sich eben erst nach einigen Jahren ein. Gerade weil selbstverständlich für jeden Arbeitnehmer das Recht auf persönliche Besitzstandswahrung gilt: Wer einmal in den Genuss der Bezahlung nach einem bestimmten Tarifvertrag kommt, der bleibt das auch – selbst wenn jüngere Kollegen in einen neuen, schlechteren Tarifvertrag fallen.

Somit sind die Ersparnisse hier von sehr langfristiger Natur, aber sie sind jetzt da. Das alles kann man als Grund für die Preissenkung anführen. Dennoch ist es falsch. Es reicht nicht zu sagen „Wir werden billiger, jetzt fahren mehr“. Im Gegenteil: Wenn der finanzielle Druck etwas nachgelassen hat, dann sollte man statt die Einnahmen zu senken das Angebot ausbauen: Der ÖPNV muss besser werden, nicht billiger.

Frei werdendes Geld, das man auf den ersten Blick nicht mehr braucht, sollte man dann dafür nutzen, in Qualität und Quantität zu investieren. Zusätzliche Fahrten, gerade auch zur Tagesrandlage. Der Ausbau von Multimodalität im urbanen Raum. Eine bessere Anbindung der Mittelstädte rund um Frankfurt am Main, damit der Druck aus den Wohnungsmärkten im zentralen Bereich verringert wird. So manch ein Regionalexpress könnte im Stile einer beschleunigten S-Bahn im dichteren Takt fahren und somit weitere Wege für Berufspendler vereinfachen. Es gibt so große Verbesserungspotentiale, da ist es langfristig wenig hilfreich, auf Markterträge zu verzichten.

Siehe auch: RMV: Preisanpassung erstmals auch nach unten

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