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Bunte Visionen und grauer Alltag

14.09.17 (Allgemein, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

In Berlin ist Uber nach einer mehrjährigen Winter- oder Sommerpause (irgendwas in diese Richtung wars!) seit letztem Jahr wieder zurück. Dabei ist die Problematik, dass viele Uber-Fahrer ihr „Geschäftsmodell“ auf einem schwarzen Gewerbe begründen, durchaus nach wie vor vorhanden: Aus gutem Grund unterliegt die Taxiwirtschaft gewissen Regeln.

Ein Verkehrsunfall mit Verletzten ist im Zweifel schnell passiert, auch ohne dass der Uber- oder Taxifahrer selbst schuld daran trägt. Es braucht also entsprechende Versicherungen und Personenbeförderungsscheine. Natürlich kann man sagen, dass das jetzt überbordende Bürokratie ist. Auf der anderen Seite: Was man Taxifahrern zumutet, kann man auch Leuten zumuten, die einfach mal so gegen ein kleines Entgelt fremde Leute durch die Gegend kutschieren.

Dabei ist der Ansatz, dass man den konventionellen ÖPNV ausbauen muss, gerade in den Städten, ja durchaus richtig und vernünftig. In der Metropolregion Köln-Bonn etwa weiß man spätestens seit dem 25jährigen Bestehen des VRS vor fünf Jahren, dass der Weg „vom Verkehrs- zum Mobilitätsverbund“ gehen muss und gehen wird. Der Einheitsfahrschein war vor Jahrzehnten mal etwas progressives, jetzt ist er selbstverständlich.

Im Nordhessischen Verkehrsverbund gibt es seit einigen Jahren die Möglichkeit, Mitfahrgelegenheiten innerhalb des Verbundtarifes zu ermöglichen. Das ist im ländlichen Raum durchaus vernünftig, denn hier kann man viele Relationen einfach nicht sinnvoll mit dem ÖPNV abdecken. Wer auf dem Land lebt – und damit ist nicht das Mittelzentrum im Kölner, Münchener oder Hamburger Umland gemeint – der braucht sein eigenes Auto, und zwar auch dauerhaft.

Öffentliche Verkehrsmittel können da zwar eine gewisse Rolle spielen, etwa im Schülerverkehr, sie bleiben aber ein Nischenprodukt am Verkehrsmarkt. Und unter der Hand wissen die Branchenakteure das auch, obwohl sie sowas natürlich nie öffentlich zitierbar einräumen würden. Aber gerade in den Ballungsräumen dürften verschiedene Formen alternativer ÖPNV-Angebote durchaus ihre Daseinsberechtigung haben – auch wenn es um den Verkehr von Kleinbussen geht, die tatsächlich nicht immer nach einem festen Fahrplan unterwegs sein müssen.

Sie können dadurch den regulären Linienbus auf einer noch weiter unten liegenden Ebene ergänzen. Aber bevor man sich solchen Visionen widmet, wird es Zeit sich den Status Quo anzusehen. Natürlich, so ist es Branchenkonsens, ist alles supertoll, wenn da nur diese schreckliche Untersubventionierung nicht wäre.

Nunja: Ein einfaches Beispiel aus meinem Wohnort: Nach 20 Uhr fährt der Bus 376 vom Wittener Hauptbahnhof in Richtung meiner Wohnung immer genau fünf Minuten bevor der Regionalexpress aus der Landeshauptstadt Düsseldorf ankommt. Es heißt also 55 Minuten warten oder gleich mit dem Auto fahren. Angesichts solcher Zustände – und das ist nur einer von vielen Fällen – muss der Augenmerk mindestens genauso deutlich auf dem offensichtlichen liegen. Man kann vieles ganz einfach und ohne finanziellen Mehraufwand lösen. Denn es gibt ein unbestreitbares Mentalitätsproblem in der Branche.

Siehe auch: Daimler-Benz verstärkt Mulitmodalitäts-Engagement

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