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Locomore und die grundsätzlichen Probleme

21.08.17 (Fernverkehr, Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Bislang hat man nur theoretisch drüber nachgedacht, ob und wenn ja welche Form von Korrelation es zwischen Fernbusanbietern und möglichen SPFV-Angeboten jenseits der DB AG geben könnte. Flixbus und Leo-Express machen bei Locomore nun ernst. Man muss vielleicht eine Sache vorausschicken: Wer in den deutschen SPFV eintreten will, der braucht nicht nur einen erheblichen Kapitalstock, sondern der ist auch auf ein funktionierendes und überall verfügbares Vertriebssystem angewiesen. Und das hätte ein möglicher Betreiber Flixtrain bereits zur Verfügung.

Denn ob InterConnex, Hamburg-Köln-Express, Locomore oder wer auch immer: Das Marktumfeld ist rau und deutlich schwieriger als im Regionalverkehr. Denn in aller Regel lassen sich Eisenbahnleistungen eben allein durch die Markterträge nicht auskömmlich finanzieren. Die massiven Ausdünnungen im SPFV durch die DB AG belegen das ebenso wie Versuche, diese Leistungen durch die Aufgabenträger alimentieren zu lassen.

Und wenn selbst die deutsche Staatseisenbahn im Fernverkehr nicht in der Lage ist, einen bundesweiten Taktverkehr zu organisieren und anzubieten, dann sollte sich niemand täuschen lassen: Neue Betreiber im SPFV mögen ja schön und gut sein, sie sichern aber definitiv keine flächendeckende Mobilitätsverfügbarkeit.

Dafür sind andere da: Im Regionalverkehr tun es die Aufgabenträger und im Fernverkehr ist es nach Artikel 87e des Grundgesetzes der Bund, der die den Verkehrsbedürfnissen Rechnung zu tragen hat. Es wird ein Bundesgesetz gefordert, das es aber nicht gibt. Obwohl eigentlich doch: Der Bundesrat hat bereits zwei Fernverkehrsgesetze verabschiedet, allerdings sind beide bei ihrer Reise in den Bundestag bedauerlicherweise auf dem Postweg verloren gegangen.

Es ist also davon auszugehen, dass sich auf bundespolitischer Ebene in dieser Angelegenheit nichts tun wird. Vielleicht wird irgendein Landesverkehrsminister eines Tages eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht einreichen mit dem Ziel, dass die Bundesregierung zur Ausarbeitung eines solchen Gesetzes verurteilt wird. Freiwillig geht da nichts. Es soll aber niemand denken, dass ein paar alternative Angebote alles gut machen.

Im Gegenteil: Nicht nur, dass wir hier von Einzelzügen sprechen, die weder mit bundesweit noch mit Takt irgendwas zu tun haben, sondern das Marktumfeld ist schwierig. Natürlich behauptet die Schienenlobby bis heute, dass die aus deren Sicht fehlende Busmaut dem InterConnex das finanzielle Rückgrat gebrochen habe. Aber wenn man die Sache beurteilt ohne sich mit der Sparpreisverfügbarkeit zwischen Berlin und Leipzig zumindest mal auseinanderzusetzen, dann lässt man einen entscheidenden Punkt außer acht.

Auch zwischen Berlin und Stuttgart oder Hamburg und Köln ist es oft interessant zu sehen, wie dort der Markt mit Fahrscheinen geflutet wird. Es ist ohne Frage schön und im Interesse des Verkehrsträgers Schiene begrüßenswert, dass es gelungen ist, für Locomore eine Zukunft aufzubauen. Die strukturellen Probleme des SPFV sind davon jedoch nicht gelöst. Ernsthafte Planungen für die neue Legislaturperiode gibt es dazu auch keine.

Siehe auch: Flixbus und Leo-Express steigen bei Locomore ein

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