Eisenbahnjournal Zughalt.de

Nachrichten über Eisenbahn und öffentlichen Verkehr

Vor der Wahl und nach der Wahl

29.06.17 (Güterverkehr, Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Es entbehrt natürlich nicht einer gewissen Komik, dass so ein Masterplan drei Monate vor den Bundestagswahlen vorgestellt wird. Also jetzt, am Anfang der Sommerpause, wo die laufende Legislaturperiode politisch beendet ist. Bleibt Angela Merkel über den 24. September hinaus im Palais Schaumburg oder zieht Martin Schulz dort ein? Und mit welcher Farbenlehre wird künftig regiert? Eine große Koalition geht immer, aber ist die auch weiter gewollt?

Wird es ein wie auch immer geartetes Dreierbündnis geben, an dessen Ende womöglich ganz andere Leute die Verkehrspolitik vorgeben? Und selbst wenn die CSU es schafft, erneut den Bundesverkehrsminister zu stellen, heißt das nicht zwingend dass es personelle Kontinuität gibt. Nach den letzten Bundestagswahlen hat die Münchener Parteispitze entschieden, Peter Ramsauer durch Alexander Dobrindt zu ersetzen.

Wer weiß also, was demnächst passiert? Gibt es vielleicht eine Ampel-Koalition oder eine Jamaika-Koalition, in der ein grüner Schienenfreund Bundesverkehrsminister wird? Oder übernimmt ein Mann der Ordnungspolitik aus der FDP diesen Posten? Wird es vielleicht ein EVG-gesteuerter Sozialdemokrat oder jemand aus der Union, der die Schiene eh doof findet?

Gerade weil man sich nicht drauf verlassen kann, dass nach der Wahl gemacht wird, was vor der Wahl gesagt wird, sind Jubelschreie und Freudentänze zu früh. Vielleicht landet der schöne neue Masterplan im Altpapier und irgendeine neue Bundesregierung macht ihr Ding. Dennoch taugt das Konzept etwas und hat den Vorteil, dass man nach den Bundestagswahlen keine neuen Grundlagenkonzepte erarbeiten muss.

Man hat dann ein fertiges Papier, auf das man sich berufen kann. Es ist jetzt Sache der Schienenlobby sich sowohl während der Koalitionsverhandlungen ab Oktober als auch nach dem Amtsantritt der neuen Bundesregierung dafür einzusetzen. Man kann sicherlich jeden Punkt umfassend beschreiben und diskutieren, aber einige Dinge stechen wirklich positiv heraus. So ist etwa eine Elektrifizierungsoffensive geplant.

Das wird Zeit und ist vernünftig: Es kann nicht sein, dass Züge – egal ob im Güter- oder Personenverkehr – kilometerlang unter Draht dieseln, weil es an den Außenästen bestimmter Strecken keine Oberleitungen gibt. Oberleitungen müssen die Regel sein. Das ist auch wichtiger als unwirtschaftliche Elektrobusse im kommunalen Stadtverkehr.

Angeblich heißt es da immer, man müsse halt nur ein bisschen weiterforschen, aber irgendwann in naher Zukunft könne man hier marktfähig werden. Das ist nicht der Fall. Denn die Entwicklung im konventionellen Dieselbereich geht tatsächlich schneller als man denkt: Binnen weniger Jahre sinken der Schadstoffausstoß ebenso wie der Kraftstoffverbrauch.

Was man mit Hybridbussen mühsam für viel Geld erreicht, geht im konventionellen Dieselbereich von selbst: Die Nachfrage ist hoch, der Marktdruck ebenfalls, also werfen alle ihre F&E-Abteilungen an. Das ist anders als auf der Schiene, wo es einfach Zeit wird, für nahezu hundert Prozent Elektrifizierungsgrad zu sorgen. Elektrische Traktion auf der Schiene muss die Regel sein, anders als auf der Straße.

Siehe auch: Masterplan Güterverkehr vorgestellt

Kommentare sind geschlossen.