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Unbürokratischer und schneller bauen

01.06.17 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

1835 rollte in Deutschland die erste Eisenbahn zwischen Nürnberg und Fürth. Es gab schon vorher Pferdebahnen und viele dieser Strecken wurden zu Eisenbahntrassen umgebaut, aber dennoch ist das der Startpunkt für den Verkehrsträger Schiene in Deutschland, wie wir ihn bis heute kennen. Ein gigantisches Netz wurde binnen einer Generation größtenteils aus dem Nichts erschaffen.

Musste man bis dato noch mit Postkutschen reisen und war oft mehrere Tage unterwegs, hat die Eisenbahn das Land im wahrsten Sinne des Wortes erfahrbar gemacht. Das ist aber nur gegangen, weil man in einem überschaubaren Zeitraum den Bau des neuen Verkehrsträgers vorangetrieben hat. Für mehr als fünfzig Jahre – bis Gottlieb Daimler und Carl Benz das Automobil erfunden haben – sollte die Eisenbahn der Inbegriff für Fortschritt, Innovation und Mobilitätsverfügbarkeit sein.

Es kam das Automobil und spätestens nach dem zweiten Weltkrieg die Massenmotorisierung. Die Eisenbahnpolitik war – und das nicht nur in der Bonner Republik, sondern in beiden deutschen Staaten – eine Katastrophe. Die Schiene sollte arbeitsmarktpolitischen Zielen dienen, sie war ein Schattenhaushalt, sie war alles mögliche, nur kein ernsthaftes Instrumentarium mehr zur Verkehrspolitik.

Das hat sich mit der Eisenbahnreform 1994 und der Regionalisierung 1996 zum guten geändert, aber hierfür braucht man eben auch politische Rahmenbedingungen: Eine Infrastruktur, die im großen und ganzen auf den Verkehrsbedürfnissen der vergangenen Jahrzehnte beruht, die muss natürlich zukunftsfähig gemacht werden. Das geht aber nicht, wenn man für ein paar Überholgleise oder neue Ausweichstellen mehrere Jahre Planung braucht, inklusive womöglich noch längeren Prozessen.

Das gilt nicht nur im Eisenbahnbereich, sondern auch bei der kommunalen Schiene. Wenn ein paar Kilometer Tramverlängerung, wie aktuell in Bochum, von der Planung bis zur Ausführung nicht mehr Jahre dauern, sondern Jahrzehnte – um nicht zu sagen Generationen – dann läuft in diesem Land irgendwas schief. Oder bleiben wir beim Rhein-Ruhr-Express: Es war mal geplant, zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 einen Transrapid fahren zu lassen.

Das wäre sicher eher unpraktisch gewesen, weswegen ein beschleunigtes RE-System im Sinne einer Express-S-Bahn schon besser ist. Aber die Volleinführung, wenn sie denn überhaupt jemals kommen sollte, wird frühestens in den 2030er Jahren erfolgen. Dann sind die Menschen mit dem Geburtsjahr 2006 aber bereits erwachsen. Man muss die Zeitspanne schon in Generationen angeben. Soweit sind wir inzwischen in Deutschland und ein solches Land ist gelähmt.

Von der Aufbruchstimmung, die es in den Anfängen der Eisenbahn mal gab – oder auch in den Anfangsjahren der Eisenbahnreform zwischen 1994 und 1999 – ist nichts zu spüren. Das kann doch nicht das Ziel für die Zukunft sein, dass man nicht mehr in der Lage ist, in überschaubaren Zeiträumen Verkehrsinfrastruktur zu bauen. Deswegen ist jede, wirklich jede Maßnahme richtig, die dazu führt, dass man Infrastrukturen in Zukunft unbürokratischer und schneller bauen kann.

Siehe auch: Planung soll beschleunigt werden

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