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Eine Verkehrswende findet nicht statt

20.04.17 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Fahrgelderträge und Fahrgastzahlen steigen seit Jahren, so auch 2016 wieder. Das Problem ist aber auch seit Jahren das gleiche: Die Steigerung bildet in etwa das deutsche Gesamtverkehrsaufkommen ab, der ÖPNV wächst quasi mit dem Markt aber nicht stärker als dieser. Es gelingt nicht, den Modal Split zugunsten öffentlicher Verkehrsmittel zu verschieben. Und dieser ist auf einem bemerkenswert niedrigen Niveau.

Von einer erfolgreichen Verkehrswende kann keine Rede sein – auch dann nicht, wenn Branchenvertreter es immer wieder und wieder und wieder wiederholen. Das Umweltbundesamt gibt den Anteil des motorisierten Individualverkehrs bei konstant knapp über achtzig Prozent an: Das war 1991 der Fall und das war 2015 wieder der Fall. Bis dahin sind die Marktanteile der Schiene stets gesunken. Massenmotorisierung war das Zauberwort der frühen Bonner Republik.

Die alte Behördenbahn war zudem ein perspektivloser Sumpf aus Misswirtschaft und schlechtem Service, der den Verkehrsträger Schiene in der öffentlichen Wahrnehmung zu etwas nicht mehr zeitgemäßem gemacht hat. Mit der Eisenbahnreform sollte sich das ändern, die Schiene sollte wieder zu einem ernsthaften Verkehrsträger gemacht werden.

Zwischen 1945 und 1994 war sie alles mögliche: Eine große Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, ein Schattenhaushalt, ein Stelle zur Endlagerung nicht mehr benötigter Politiker – aber als Mittel zur Mobilitätsverfügbarkeit hat man sie nicht gesehen. Das änderte sich und zumindest ist der Modal Split seitdem nicht mehr gesunken. Aber das Gegensteuern ist bislang noch nicht gelungen – zumindest nicht bundesweit im Durchschnitt.

Dabei hat man in Einzelfällen durchaus Erfolg. Das beste Beispiel ist die Düsseldorfer Regiobahn, wo sich die Fahrgastzahlen innerhalb von zehn Jahren in etwa vervierzigfacht hat (kein Schreibfehler, vierzig mal mehr) und die Allianz pro Schiene hat mit ihrem regelmäßig aktualisierten Heft Stadt, Land, Schiene ja auch eine ganze Reihe von Positivbeispielen.

Daran gilt es anzuknüpfen: Man braucht bessere Angebote, Taktverkehre im großen wie im kleinen und man sich darauf verlassen, dass die Qualität stimmt. Hierzu braucht man starke Aufgabenträger, die nicht nur bei den Verkehrsunternehmen für Leistung sorgen, sondern auch bei den Infrastrukturbetreibern.

Die Trennung von Be- und Ersteller hat dafür gesorgt, dass man jetzt in der Lage ist, mit ausreichendem Marktdruck wirtschaftliche Ergebnisse zu erzielen und darüber hinaus sichergestellt, dass es bei den sich fundamental unterscheidenden Interessen von Auftraggebern und -nehmern keine Überlappungen gibt. Deshalb ist es an der Zeit, auch im kommunalen Verkehr marktwirtschaftliche Strukturen einzuführen.

Die straßenbahnrechtlich zugelassenen Netze müssen ebenfalls der Regulierung unterliegen und die Kreise und kreisfreien Städte müssen sich auf ihre Stellung als Aufgabenträger konzentrieren. Die EVAGs, Rheinbahnen und BVGs dieser Welt gehören privatisiert und entmonopolisiert. Auch das hat mit Qualitätssicherung zu tun. Marktwirtschaftliche Politik sorgt für Verbesserungen – auf der Schiene, wie auf der Straße.

Siehe auch: Statistische Bundesamt nennt Fahrgastzahlen

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