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Mehr Verkehr und mehr Infrastruktur

17.11.16 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Eine Verkehrsinfrastruktur, die nach den Bedürfnissen der 70er und 80er Jahre im westdeutschen Teilstaat ausgerichtet ist, reicht nicht mehr für die Anforderungen der Zukunft. Gesamtdeutschland verändert sich auf vielfache Art und umfassende Verkehrssteigerung ist Teil dessen. Man braucht von allem mehr: Mehr Straße, mehr Schiene, aber auch mehr Möglichkeiten, von A nach B zu kommen. Die Zeiten, dass Mittelstädte autark funktioniert haben, sind größtenteils vorbei.

Großstädte wachsen und nicht jeder kann in der Kölner Altstadt oder in Berlin-Mitte wohnen, sondern immer mehr Menschen werden einpendeln. Um so wichtiger ist es, dass man sich darauf einstellt: Man braucht die beschleunigten S-Bahnen in Form enger RE-Takte ebenso wie die Erkenntnis, dass der motorisierte Individualverkehr dauerhaft Teil der Verkehrspolitik sein muss. Bundesweit im Durchschnitt ist das überhaupt gar keine Frage.

Auch wenn die ÖV-Branche hier immer wieder auf gestiegene Fahrgastzahlen hinweist, aber wenn man sich die Zahlen des Statistischen Bundesamtes zum Modal Split anguckt, dann stellt man sofort fest, dass die Schiene sowieso nur ein Rand- und Nischenprodukt ist. Doch selbst wenn man den Modal Split nicht zugunsten öffentlicher Verkehrsmittel verbessern kann, so muss man sich mit einigen Erkenntnissen auseinandersetzen.

Der Trend im bundesweiten Durchschnitt hat nichts mit der Situation vor Ort zu tun. Gerade in Metropolregionen ist ein funktionierender ÖPNV unabdingbar. Trotzdem werden die Wege weiter und eine S-Bahn innerhalb Kölns reicht nicht. Man braucht auch den Regionalexpress, der die schnelle Verbindung aus Hennef, Dormagen oder Wesseling sicherstellt. Wenn man sich Berlin anguckt, so braucht man ein RE-System, das verlässlich auch brandenburgische Mittelstädte ans Zentrum der Bundeshauptstadt anschließt.

All das muss finanziert werden und wahrscheinlich ist es dafür notwendig, trotz wirtschaftlicher Mittelverwendung, die Regionalisierungsgelder nach oben anzupassen. Gleichzeitig muss aber auch sichergestellt werden, dass das Geld sinnvoll angelegt wird. In Metropolen heißt das auch, dass man sich von Nettoverträgen verabschieden muss. Bei extrem stark steigenden Fahrgastzahlen sind die ebenso nach oben schnellenden Markteinnahmen ein viel zu wichtiges Finanzierungsinstrument, als dass man es einfach so an den jeweiligen Betreiber abfließen lassen könnte.

Wenn die Fahrgelderträge durch gestiegene Fahrpreise in Kombination mit wesentlich mehr Fahrgästen innerhalb einer Vertragsperiode um fast hundert Prozent steigen, dann ist dieses Geld beim Aufgabenträger viel besser aufgehoben, weil man immer wieder Nachbestellungen wird tätigen müssen. Umso wichtiger ist es, dass die urbanen Aufgabenträger, um vergaberechtlich sauber zu bleiben, mögliche Nachbestellungen gleich mit der Ausschreibung ankündigen. Denn auch wenn der VDV reflexartig nach mehr Geld ruft, damit allein ist es nicht getan. Das Geld muss gut, wirtschaftlich und seriös verwaltet werden – und da ist zumindest an einigen Stellen Nacharbeit erforderlich.

Siehe auch: Infrastrukturgipfel in Berlin

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