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NRW: Debatte um Zuständigkeit des Landes

07.11.16 (Nordrhein-Westfalen, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Am vorvergangenen Freitag (28. Oktober) fand im nordrhein-westfälischen Landtag in Düsseldorf die Expertenanhörung zu möglichen Änderungen im ÖPNV-Gesetz statt. Innerhalb von zwei Stunden sollten zehn Sachverständige dem Verkehrsausschuss Rede und Antwort stehen. Die Reaktionen waren dabei eindeutig negativ; allesamt sprachen sie sich für eine Beibehaltung der bestehenden Aufgabenträgerstrukturen aus.

Die drei Kooperationsräume Verkehrsverbund Rhein-Ruhr, Nahverkehr Westfalen-Lippe und Nahverkehr Rheinland werden kommunal getragen; es sind Zweckverbände der jeweiligen Kreise und kreisfreien Städte. Bereits heute gibt es ein RE-Netz im besonderen Landesinteresse, das betrifft etwa Leistungen, die über die Verbundgrenzen hinausgehen, z.B. von Düsseldorf nach Aachen oder Köln oder auch von Essen nach Münster oder Dortmund nach Minden. Überall dort klappt die Zusammenarbeit.

Bruchstellen im Regionalverkehr, etwa dass eine Linie RE 6 in Minden vor den Toren des Großraumes Hannover endet oder dass der Knoten Siegen Endpunkt mehrerer RE-Verbindungen ist, obwohl durchgehende Züge z.B. von Hagen oder Köln nach Gießen oder Frankfurt am Main möglich wären, liegt an der mangelnden Bereitschaft der Verantwortlichen in anderen Ländern. Einigungen mit der LNVG Niedersachsen oder dem Rhein-Main-Verkehrsverbund können weder kommunale noch landeseigene Aufgabenträger in Nordrhein-Westfalen erzwingen.

In einer Stellungnahme weist der VRR darauf hin, dass auch die von der rot-grünen Landesregierung eingesetzte Zukunftskommission die Struktur der jetzigen drei Aufgabenträger gelobt hat. Dennoch sind bei künftigen Vergaben auch Vereinbarungen zwischen Land und Aufgabenträgern denkbar. Weiterhin wird vorgeschlagen, dass die Landesregierung für den Fall nicht lösbarer Konflikte zwischen den Aufgabenträgern eine Vermittlerrolle einnehmen könnte. Allerdings ist ein solcher Fall noch nie eingetreten.

Obwohl die Streitigkeiten gerade zwischen dem VRR und dem NVR in Sachen Rhein-Ruhr-Express öffentlich und lautstark ausgetragen worden sind, kam am Ende immer eine Einigung ohne politische Einflussnahme aus Düsseldorf zustande. Auch beim Fahrgastverband Pro Bahn verweist man in einer Stellungnahme darauf, dass die Landesregierung bereits heute Rahmenbedingungen setzt und Gespräche führt, ohne aber selbst die Aufgabenträgerschaft innezuhalten.

So ist das jeweilige ÖPNV-Gesetz vom Land gemacht, es gibt zudem eine ÖPNV-Pauschalenverordnung und auch landesweite Debatte über künftige Bahnsteighöhen. Bei der Tarifierung hingegen ist die Landesregierung bislang eher dadurch aufgefallen, dass man bei großzügigen Kragen- und Anschlusstarifen mit Verweis auf den NRW-Tarif auf die Bremse getreten ist. Dabei geht die Debatte um einen möglichen Aufgabenträger beim Verkehrsministerium am Kern der Sache vorbei.

Bereits vor einigen Wochen sagte Landesverkehrsminister Michael Groschek (SPD), dass er eine solche nicht will; dafür aber soll über das RE-Netz im besonderen Landesinteresse verstärkter Einfluss genommen werden. Doch was ist eigentlich im besonderen Landesinteresse? Generell gibt es kaum Linien, die ausschließlich im Landesinteresse sind, selbst die wichtigen RE- und künftigen RRX-Linien haben stets auch eine regionale Bedeutung und werden u.a. auch als Express-S-Bahn genutzt.

Jede RE-Linie hat zudem auch einen Bezug zum kommunalen Verkehr; Stadtbahnen sind in vielen Fällen Zubringer. Sowohl beim VRR als auch bei Pro Bahn hat man Zweifel daran, dass eine zentrale Stelle in Düsseldorf ebenso intensiv mit den Kommunen zusammenarbeitet wie es die jetzigen Zweckverbände tun. Dann geht es um die Frage, ob man womöglich Verwaltungs- oder Overheadkosten sparen kann. Hier ist man beim VRR jedoch klar und deutlich der Auffassung, dass es dabei um Qualität gehen muss und nicht um die Einsparung minimaler Beträge.

So haben die sehr erfolgreichen Vergaben der letzten Jahre über die Vertragslaufzeit hinweg oft bereits bei einzelnen Verkehrsverträgen dreistellige Millionensummen gespart; das gilt gerade dann, wenn nicht nur der Zuschussbedarf sinkt, sondern auch ein Netto- von einem Bruttovertrag abgelöst wird; so dass die Fahrgelderträge von mehreren Euro pro Zugkilometer nicht mehr zum Betreiber, sondern an den Aufgabenträger gehen. Vor diesen und vielen anderen Hintergründen haben sich alle befragten Personen für die Beibehaltung der jetzigen Strukturen ausgesprochen.

Siehe auch: Minister sagt Nein!

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