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Durchgreifen hilft!

03.11.16 (Baden-Württemberg, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Eigentlich ist es selbstverständlich, dass eine auftraggebende Stelle ein regelmäßiges und umfassendes Controlling durchführt. Dass auch ein Aufgabenträger im Eisenbahnverkehr dafür verantwortlich ist, ist jedoch eine Erkenntnis, die sich erst langsam rumspricht und die in einigen Teilen Deutschlands, etwa in Rheinland-Pfalz, komplett unbekannt zu sein scheint. Ich erinnere nur an den komplett vergeigten Start des Vlexx im Dieselnetz Südwest, wo der Aufgabenträger während der Vorbereitungsphase offensichtlich völlig untätig war.

In Baden-Württemberg macht man es besser, wenn die zum Teil erheblichen Schlechtleistungen bei DB Regio zur Chefsache erklärt werden. Da wird eben nicht am Ende des Monats oder des Quartals eine Abrechnung geschickt, in der ein paar Pönale aufgestellt werden, sondern man bestellt die verantwortlichen Personen ein und guckt sich an, was man gegen Probleme macht und wie diese Problemlösungen in der Folge konkret umgesetzt werden.

Natürlich ist eine der Ausreden, dass DB Regio kurz vor dem Ende einiger Verkehrsverträge die Mitarbeiter weglaufen und man die Züge nicht mehr fahren kann. Ähnliches hat man vor anderthalb Jahren zwischen Münster und der Nordsee erlebt und auch da gab es plötzlich bemerkenswert viele politische Mandatsträger entlang der Emslandstrecke, die offen darüber nachdachten, ob es denn wirklich der Weisheit letzter Schluss sei, wenn alle paar Jahre ein anderes Unternehmen rangeholt wird.

Allerdings: Nach der Betriebsaufnahme durch die Westfalenbahn spricht da niemand mehr drüber, im Gegenteil: Die Problemphase ist überstanden, jetzt wird es besser. Und einige Jahre vor dem Ende des erst angelaufenen Übergangsvertrages muss man sich auch die Frage stellen, ob das jetzt langfristig so weitergehen soll? Hat man jetzt mehrere Jahre immer wieder Zugausfälle, weil man nicht in der Lage ist, Planstellen zu besetzen, die – wenn überhaupt – erst Jahre später wegfallen könnten?

Zumal die Deutsche Bahn ja auch an anderer Stelle regelmäßig großen Wert auf die Feststellung legt, wie toll der konzerninterne Arbeitsmarkt ist. Aber gerade darüber muss so ein Unternehmen eben auch steuern, dass die Leute nicht schon Jahre vor dem Ende eines Verkehrsvertrages gehen. Aber das zeigt auch etwas anderes: Die immer wieder geschürten Ängste, dass mit einer Ausschreibung von Verkehrsleistungen für die Arbeitnehmer riesige Verluste drohen, sind unrealistisch. Dass man entweder zu vermeintlichen „Dumpinglöhnen“ woanders arbeiten gehen muss oder aber im DB-Konzern mehrere hundert Kilometer weit versetzt wird.

Es steht übrigens jedem frei, sich bei den neuen Betreibern zu bewerben. Wenn sich ein Triebfahrzeugführer von DB Regio bei Abellio bewirbt und in einigen Jahren anfängt, dann verdient er dort Stand jetzt 104 Prozent des durchschnittlichen DB-Lohns; ausgerechnet durch die GDL im Rahmen der Tarifverhandlungen. Deshalb ist ein plumpes „Wegen der Ausschreibung laufen uns die Leute weg und wir können nicht mehr fahren“ keine akzeptable Ausrede; der Aufgabenträger muss mit all seiner Kraft dagegen vorgehen und durchgreifen.

Siehe auch: Maßnahmenpaket in Baden-Württemberg

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