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Die Weichen sind gestellt

10.10.16 (Kommentar, VRR) Autor:Stefan Hennigfeld

Nach der ebenso erfolgreichen wie umstrittenen Vergabe der Betriebs- und Instandhaltungsleistungen für den Vorlaufbetrieb zum geplanten Rhein-Ruhr-Express folgt also nun die S-Bahn auf ähnliche Art und Weise: Der Aufgabenträger beschafft die Züge, lässt sie instandhalten und zwei Eisenbahnverkehrsunternehmen fahren sie. Außerdem sorgt die Loslimitierung dafür, dass in jedem Fall zwei Verkehrsunternehmen fahren. Wenn einer der beiden Betreiber in Schwierigkeiten kommt, bedeutet das eben nicht, dass das ganze Netz steht.

Beim Rhein-Ruhr-Express war es bei fünf Aufgabenträgern in drei Bundesländern wohl nicht möglich, eine solche Regelung durchzusetzen, hier jetzt aber sehr wohl. Denn wenn es Streiks gibt, wenn ein Unternehmen mit Personalmangel zu kämpfen hat oder andere Schwierigkeiten auftreten, ist zwar ein Teil der Linien betroffen, auf dem anderen läuft der Verkehr aber. Eine breite Betreiberlandschaft macht den Verkehrsträger Eisenbahn zuverlässiger, weil einzelne Probleme eben nicht mehr sofort auf das Gesamtsystem durchschlagen.

Man hat es während des letzten großen GDL-Streikes beim Elektronetz Stadtbahn rund um Berlin gesehen: Während DB Regio bestreikt wurde, drehte die ODEG ihre Runden und sorgte dafür, dass zumindest ein Grundangebot aufrecht erhalten bleibt. Auch das Argument, dass Loslimitierungen nicht immer den wirtschaftlichsten Betreiber zum Zuge kommen lassen, dürfte angesichts der erheblichen Einsparungen im Vergleich zum Status Quo widerlegt sein. Die Vergabe ist ökonomisch erfolgreich und sorgt dafür, dass man bei deutlich geringeren Preisen wesentlich mehr Qualität bekommt.

Sie zeigt aber auch, dass die Eisenbahnreform in Deutschland keine einmalige Änderung war, sondern dass der Markt nach wie vor im Wandel ist. Während ein Eisenbahnverkehrsunternehmen als Volldienstleister noch immer die Regel ist, werden Vergaben dieser Art auch immer häufiger zur Realität. Es ist daher gerade für DB Regio ein wichtiger Schritt, dass man sich als Dienstleister sieht für alles, was mit dem Verkehrsträger Schiene zu tun hat.

Dass man Instandhaltungsleistungen für National Express ebenso macht wie für den VRR oder dass man gebrauchte Fahrzeuge verkauft: Das wäre vor ein paar Jahren undenkbar gewesen und zeigt die noch immer anhaltende positive Entwicklung im Konzern. Und ja, so wie es zwischen den Herstellern und den Verkehrsbetreiber einen funktionierenden Wettbewerb gibt, so gibt es diesen auch zwischen Leasinggesellschaften.

Es wird spannend zu beobachten sein, ob die Deutsche Bahn auch zukünftig in diesen Bereich geht: Wenn ein anderes im Markt tätiges Eisenbahnverkehrsunternehmen Züge zur Miete ausschreibt, kann auch die Deutsche Bahn sich als Eigentümer und Leasinggeber zur Verfügung stellen. Ob man das tun wird, bleibt abzuwarten. Aber es zeigt, dass die einstige und bis heute gefühlte Bundesbahn viel marktwirtschaftlicher denkt als manch ein Eisenbahnromantiker. Und dass man in Nordrhein-Westfalen deutlich konstruktiver an die Sache herangeht als in Sachsen, wo man sich beleidigt zurückzog. Dafür Gratulation!

Siehe auch: S-Bahn Rhein-Ruhr: Verträge sind unterzeichnet

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