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NRW braucht mehr

15.09.16 (Kommentar, Nordrhein-Westfalen, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Mit 17 Millionen Menschen lebt mehr als jeder fünfte Deutsche zwischen Rhein und Weser. 515 Einwohner pro Quadratkilometer sorgen dafür, dass Nordrhein-Westfalen das am dichtesten besiedelte Flächenland Europas ist und selbstverständlich braucht die Eisenbahnpolitik einen großen Wurf. Mit dem Rhein-Ruhr-Express und dem Knoten Köln hat man Planungen, deren Umsetzung man vorantreiben muss. Dazu gehört auch, dass man sich z.B. in Bezug auf den Rhein-Ruhr-Express die Option offen hält, möglichst lange kompatible Züge nachzubestellen.

Denn bereits jetzt ist geplant, dass die RRX-Triebzüge von der heutigen Linie RE 4 in einigen Jahren verschwinden und auf eine zusätzliche RE-Linie im Ruhrgebiet gehen. Ob das so kommen wird, lässt sich natürlich im Moment überhaupt nicht sagen, aber es wird auf jeden Fall schwer, solche Premiumzüge von der Düsseldorfer Ost-West-Achse wieder abzuziehen, um noch eine vierte RRX-Linie durch das Ruhrgebiet zu führen. Überhaupt muss man beim Rhein-Ruhr-Express vorsichtig sein.

Das Projekt ist sicherlich sinnvoll, aber nur dann, wenn es nicht auf Kosten anderer SPNV-Verbindungen geht: Im VRR-Raum als auch in Nordrhein-Westfalen. Man muss heute bereits verhindern, dass es in einigen Jahren Verteilungskämpfe zwischen der Stadt Wuppertal und der Stadt Essen gibt, weil man die Züge mit RRX-Standards von der Strecke Hagen – Mönchengladbach abziehen will zugunsten der Strecke Bochum – Duisburg.

Ähnlich sieht es auch in Köln aus: Ja, es ist richtig, möglichst gute Verbindungen nach Düsseldorf zu haben, aber nicht nur. Wachsende Umlandstädte wie Dormagen, Hennef oder auch Bonn sind nicht weniger wichtig. Wenn die Linie RE 6 in einigen Jahren – nach einem möglichen Infrastrukturausbau – nicht mehr über Neuss und Dormagen, sondern über Leverkusen zwischen Düsseldorf und Köln verkehren soll, dann wird man im Rheinkreis Neuss zurecht aufschreien. Denn jedes große Infrastrukturprojekt droht immer auch, erhebliche Verkehrsbündelungen nach sich zu ziehen.

Das gilt es auch hier zu vermeiden. Es ist einfach nicht statthaft, zwei linksrheinischen Städten zwischen Düsseldorf und Köln mit insgesamt über 200.000 Einwohnern einen Regionalexpress zugunsten der rechtsrheinischen Stadt Leverkusen wieder wegzunehmen. Die zuletzt gestiegenen Regionalisierungsgelder und die politische Zusage, dass man eine reale Senkung durch steigende Trassenpreise verhindern will, darüber hinaus die Besserstellung Nordrhein-Westfalens im Rahmen der neuen Verteilungsquoten der Gelder gibt es alle Voraussetzungen dafür, in Zukunft wirklich mehr Leistungen zu bestellen.

Erfolgreiche Vergaben mit zum Teil erheblichen Ausschreibungsersparnissen tragen ihren Teil ebenso dazu bei wie steigende Fahrgastzahlen und Bruttoverträge, die gewährleisten, dass die höheren Markteinnahmen nicht an den Betreiber abfließen. Deswegen ist es so wichtig, jetzt die Voraussetzungen zu schaffen, die Leistungen nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ auszuweiten. Der Anfang ist gemacht und muss nun in der praktischen Arbeit von allen beteiligten Akteuren umgesetzt werden.

Siehe auch: Modernisierungen in Nordrhein-Westfalen

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