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Oberleitungen bauen statt Elektrobusse kaufen

22.08.16 (Hamburg, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Ob „komplett emissionsfrei“, ob „nahezu geräuschlos“ oder wie im nicht ganz so nördlichen Hannover „unsere Mission – null Emission“. Das alles verschlingt im Stadtbusverkehr viel Geld, das – sagen wir es offen heraus – an anderer Stelle sowohl umwelt- und verkehrspolitisch besser angelegt wäre. Seit diesem Jahr hat der VDV das Thema Elektrobusse entdeckt und ungefähr zeitgleich haben die Kölner Verkehrsbetriebe mit ihrem Vorstandsvorsitzenden und VDV-Präsidenten Jürgen Fenske neue Dieselbusse vorgestellt.

Man war stolz: Während ein Bus Baujahr 2013 noch 53 Liter Dieselkraftstoff verbraucht hat, benötigt ein Bus Baujahr 2016 nur noch 49 Liter. Ja, das sind innerhalb von drei Jahren fast acht Prozent weniger Treibstoff. Dafür brauchte es keine Fördergelder, keine Sondermittel oder sonst irgendwas. Das ist die ganz normale Innovation, die am Markt stattfindet. Kein Wunder: Das Volumen ist konstant hoch, es gibt zahlreiche in Konkurrenz zueinander stehende Hersteller und da findet der Fortschritt von sich aus statt.

Marktwirtschaft funktioniert, auch in diesem Bereich. Man möge sich einmal vorstellen, wie es wäre, Busse der Baujahre 2016, 2006, 1996 und 1986 miteinander zu vergleichen, immerhin ein überschaubarer Zeitraum. Wenn man bedenkt, dass ein Hybridbus etwa 15 Prozent weniger Kraftstoff braucht, dafür aber eine riesige zweite Batterie hat, die aufwendig auf dem Sondermüll entsorgt werden muss, dann fragt man sich schon, ob das Geld nicht anderweitig besser angelegt ist. Zum Beispiel für ein umfassendes Elektrifizierungsprogramm der deutschen Eisenbahninfrastruktur.

Dass nämlich überall in Deutschland SPNV-Trassen zu finden sind, die mangels Oberleitung mit Dieselzügen befahren werden, ist viel schlimmer. Wo bleibt die Elektrifizierung zwischen Köln und Trier, zwischen Warburg und Hagen oder auch zwischen Hamburg und Cuxhaven? Vom Dieselparadies im Freistaat Bayern ganz zu schweigen. Natürlich kann man jetzt argumentieren, dass man beides braucht und dass urbane Elektromobilität in keinem Widerspruch zu einem Elektrifizierungsprogramm für die Eisenbahn steht.

Das ist eine Sichtweise. Tatsache ist aber, dass auch der Staat jeden Euro, den er seinen Bürgern gewaltsam weggenommen hat, nur einmal ausgeben kann. Geld, das E-Busse in Hamburg kosten, kann nicht mehr für eine Oberleitung Richtung Cuxhaven aufgewandt werden. Aber wenn die Gelder unbedingt im kommunalen ÖPNV und nicht in den Eisenbahnverkehr fließen sollen, dann wäre es statt einzelner, nicht marktfähiger Leuchtturmprojekte zur Elektromobilität definitiv besser, wenn man regelmäßig die Anschaffung moderner Dieselbusse finanziert.

Busförderung ist das Stichwort: Damit kann man auch in finanzschwachen Kommunen die regelmäßig Anschaffung neuer, hocheffizienter Linienbusse mit konventioneller Dieseltechnologie gewährleisten. Denn was nutzt ein Elektrobus in Hamburg (wo auch immer der Strom dafür herkommen mag), wenn man ein Stück weiter in Schleswig-Holstein oder Niedersachsen mit zwanzig Jahre alten Bussen die Kinder zur Schule fährt. Hier ist viel dringender Abhilfe nötig.

Siehe auch: Hochbahn stellt Elektrobusse vor

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