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Mehr Marktwirtschaft wagen!

18.07.16 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Es gibt also 412 Eisenbahnverkehrsunternehmen, die im Netz der DB AG unterwegs sind. Eine Zahl, die man sich merken sollte, wenn das nächste mal wieder von einem „Erstellermangel“ im SPNV die Rede ist. Aber es zeigt, dass der deutsche Eisenbahnmarkt lukrativ und interessant ist. Es gibt engagierte Aufgabenträger, die wollen möglichst viele Unternehmen anlocken und wenn man die richtigen Stellschrauben dreht, gelingt das auch.

Für die Deutsche Bahn selbst ist die Situation jedoch bedrohlich: Man hat zuletzt Marktanteile verloren, weitere lukrative Verkehrsnetze werden im Rahmen von Neuvergaben in den nächsten Jahren wegbrechen und die Leistungen, die man zurückgewinnen konnte, werden künftig mit deutlich geringeren Margen betrieben. DB Regio braucht also radikale Veränderungen. Dabei versucht man ja über das Fernverkehrskonzept, sich die Direktvergaben zurückzuholen.

Erst letzte Woche war das Thema an dieser Stelle. Ob das funktioniert sei dahingestellt, aber es zeigt, dass man die Situation erkannt hat. Doch ob Regional- oder Fernverkehr, der eigenwirtschaftliche Fernbus ist für beide ein Problem – übrigens auch für die Verkehrsunternehmen auf der Schiene, die nicht zum DB-Konzern gehören. Wenn jemand von Hagen nach Gießen mit dem Fernbus statt mit dem Zug fährt, dann fehlt er als Fahrgast bei Abellio und der Hessischen Landesbahn.

Das hat zu erheblichen Positiveffekten auf der Schiene geführt: Die Sparpreisverfügbarkeit hat sich massiv verbessert – wie DB Fernverkehr erst jüngst auch offiziell bestätigt hat. Sparpreise gibt es zudem inzwischen auch noch einen Tag vor der Reise, nicht mindestens drei. Von mobilem Internet im Zug oder am Bahnhof ganz zu schweigen. Natürlich ist der Wirkungszusammenhang nicht belegt, aber naheliegend. Nur weil es keine Pressemeldung des DB-Konzerns gibt, in der steht „Wegen des Fernbusses machen wir das und das“ bedeutet das nicht, dass der Fernbus keine positive Wirkung auf die Schiene hatte.

Die Eisenbahn ist also besser geworden. Eine zwar neoliberale aber richtige Weisheit bestätigt sich erneut: Ökonomischer Druck erzeugt Leistung. Dadurch, dass es auf der Schiene nun zahlreiche Angebote im Niedrigpreissektor gibt, steht wiederum die Busbranche unter Druck. Und all die Forderungen nach einer Busmaut, die zudem noch bitte sehr hoch sein sein soll liegt eine falsche Denkweise zugrunde: Man möchte die Schiene protegieren.

Natürlich sagt niemand, dass der Fernbus wieder verboten werden soll, dennoch ist es das erkennbare politische Ziel der Eisenbahnbranche diesem so viele Steine wie möglich in den Weg zu legen. Und das ist die grundsätzlich falsche Einstellung, die man – im 23. Jahr der Eisenbahnreform endlich überwinden muss: Es wird nicht besser, nur weil Märkte abgeschottet werden. Weil die Straßenbahngleise keiner Regulierung unterliegen, weil Fernbusse nicht fahren dürfen, weil Leistungen direkt vergeben werden oder was auch immer. Ein gutes Produkt entsteht, wenn es am Markt gegen Konkurrenz besteht. Fortschritt und Verbesserung entstehen immer am Markt und nie unter staatlichem Inhouse-Schutz.

Siehe auch: DB AG publiziert aktuellen Wettbewerbsbericht

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