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NWL und VMT wollen weiterhin SPFV-Direktvergaben

14.07.16 (Fernverkehr, NWL, Thüringen, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Ende vergangen Jahres hat der Aufgabenträger Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) mit der Deutschen Bahn einen unterschriftsreifen Vertrag über die Direktvergabe von Eisenbahnleistungen im Ruhr-Sieg-Korridor zwischen Hagen und Siegen ausgehandelt. Das geht aus dem Protokoll des nicht öffentlichen Teils einer Verbandsversammlung im Zweckverband SPNV Ruhr-Lippe (ZRL) hervor, der dem NWL angehört. Das Protokoll liegt der Zughalt-Redaktion vor.

Demnach habe man sich erst in letzter Sekunde entschlossen, von einer Unterzeichnung abzusehen, weil man eine Klage weiterer Betreiber fürchtete. Am bedrohlichsten war wohl der aktuelle Betreiber Abellio. Stephan Krenz, Vorsitzender der Geschäftsführung der Berliner Abellio GmbH kündigte bereits im Oktober 2015 in der Wirtschaftswoche an, dass man juristische Schritte einleiten werde, wenn ein Aufgabenträger Züge unter dem Label „InterCity“ bei der Deutschen Bahn direkt vergibt.

Doch auch weitere Unternehmen aus der in Nordrhein-Westfalen breit gefächerten Betreiberlandschaft hätten klagen können, schließlich ist das Ruhr-Sieg-Netz bei seiner Neuvergabe für Dezember 2019 ein für alle Unternehmen lukratives Ziel, einschließlich DB Regio. So rückte der NWL also von seinen Planungen ab. An anderer Stelle hat der Aufgabenträger jedoch bereits eine Vereinbarung mit der DB Fernverkehr AG abgeschlossen. Auf der Mitte-Deutschland-Verbindung kommt es zwischen Hamm und Kassel zu einer „Taktintegration“.

Da hier kein Geld vom Aufgabenträger an den Betreiber fließt, ist eine Abmachung dieser Art rechtlich unbedenklich. Es ist geplant, die alle zwei Stunden verkehrende Linie RE 11 auf diesem Abschnitt in der jeweils anderen Stunde durch einen InterCity verdichten zu lassen. So entsteht ein faktischer Stundentakt. Reine Regionalverkehrsfahrgäste können den InterCity jedoch nicht nutzen.

Für die Anerkennung von Fahrscheinen müssten „Tarifausgleiche“ vom Aufgabenträger fließen, wobei alle beteiligten Akteure stets großen Wert auf die Feststellung legen, dass es sich hierbei nicht um Bestellerentgelte im eigentlichen Sinne handelt. Nun versucht man sich beim NWL offensichtlich auf den nicht unwahrscheinlichen Fall vorzubereiten, dass der InterCity zwischen Hamm und Kassel leider unwirtschaftlich ist und deswegen bedauernswerterweise mit sehr kurzem Vorlauf eingestellt werden muss.

In diesem Fall könnten die Zahlungen von „Tarifausgleichen“ wie oben beschrieben den InterCity wieder über den Break Even bringen und die Leistungen somit sichern. Im Gegenzug könnten – auf den entsprechenden Abschnitten – auch Fahrgäste mit Regionalverkehrsfahrscheinen mtifahren. Der NWL ist zuständig für die Eisenbahnbestellungen auf dieser Strecke bis zur hessisch-nordrhein-westfälischen Landesgrenze. Somit könnte also zwischen Hamm und Paderborn der InterCity mit Nahverkehrsfahrscheinen genutzt werden.

Ein solches Modell wäre aber – wie auf dem Ruhr-Sieg-Korridor – rechtswidrig und könnte beklagt werden. In einigen Jahren übernimmt wiederum Abellio den Betrieb auf der Linie RE 11 und wenn Ersatzleistungen für wegfallende parallele SPFV-Leistungen bestellt werden, wäre es zumindest gut möglich, dass deren Unternehmensführungen in Berlin und Hagen selbst Interesse an den zu fahrenden Aufträgen haben und eine direkte SPFV-Alimentierung gerichtlich angreifen.

Wie auch bei der Vergabe des Ruhr-Sieg-Netzes wären zahlreiche Betreiber dann mögliche Klageführer, so dass man nun nach wasserdichten Vorgehensweisen sucht. Wie es im vorliegenden Protokoll der ZRL-Versammlung weiterhin ausgeführt wird, soll angeblich auch die BAG SPNV ihre Mitglieder dabei unterstützen.

Im Freistaat Thüringen hat man einen solchen möglicherweise bereits gefunden. Zwischen dem Verkehrsverbund Mittelthüringen und der DB AG soll ebenfalls eine Vereinbarung über die Anerkennung von Regionalverkehrsfahrscheinen geschlossen werden. Zwischen Gera und Gotha soll ein Regionalexpress nicht mehr bestellt und durch einen InterCity ersetzt werden. Man geht jedoch davon aus, dass die dann generierten Fahrgeldeinnahmen ausreichen, um die Zugleistungen zu finanzieren.

VMT-Geschäftsführer Christoph Heuing sagte der Ostthüringer Zeitung, dass die „Verteilmasse“ größer würde und dies als Zahlung für die DB AG ausreichend sei. Ob das so kommt und wie die Reaktion der NE-Bahnen sein wird, dürfte wegweisend sein auch für die Aufgabenträger anderer Bundesländer, wie etwa Nordrhein-Westfalen.

Siehe auch: Jeder muss seine Interessen vertreten

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