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Die offenen Baustellen

16.06.16 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Bei objektiver Betrachtungsweise gibt es nichts, was dafür spräche, den Vertrag mit Rüdiger Grube zu verlängern: Der Konzern ist nicht nur „nicht besenrein“, sondern es gibt zahlreiche offene Baustellen und eine unternehmenspolitische Nebelleuchterei. Einen roten Faden gibt es nicht. Betreibt man die Diversifizierung weiter voran? Was ist mit dem Thema Börsengang? Welche Rolle spielt der inländische Eisenbahnmarkt?

Immerhin ist der DB-Konzern nichts geringeres als die deutsche Staatseisenbahn. Doch gerade hier sieht es schlecht aus: Wichtige Bauprojekte kommen nicht voran, werden aber immer teurer: Ob Stuttgart 21, die zweite S-Bahnstrecke unter der Münchener Innenstadt oder auch der Rhein-Ruhr-Express. Dabei hat Grube Stuttgart 21 persönlich zur Chefsache erklärt. Volker Kefer als Bauernopfer reicht hier nicht aus. Denn: Die schon 2010 befürchteten Kostensteigerungen sind alle eingetreten.

Im Regionalverkehr hat man überhaupt gar kein Konzept. Im Freistaat Sachsen hat man wegen eines Herstellerwartungskonzeptes beleidigt das Spielfeld verlassen. Aber wer durch die Tür geht, der ist draußen. So auch DB Regio im Elektronetz Mittelsachsen. In Nordrhein-Westfalen war man bei der Vergabe der Betriebsleistungen im Rhein-Ruhr-Express komplett chancenlos. Natürlich kann man eine Weile lang erzählen, das läge daran, dass man als einziger Akteur im Markt auskömmliche Gehälter für Mitarbeiter zahlt.

Doch wenn im inzwischen 23. Jahr der Eisenbahnreform bei DB Regio noch immer keine marktgerechten Strukturen vorhanden zu sein scheinen, dann hat man selbst ein Problem. Lösungsansätze, dass man etwa Fahrzeuge für Aufgabenträger betriebsbereit vorhält, Wartung für andere Unternehmen macht oder einiges andere gehen nicht auf den Berliner Vorstand, sondern auf die hohe Fachkompetenz vor Ort zurück.

Vor einigen Jahren sah das aus, als würde man nach dem gar nicht so grundsätzlich verkehrten Prinzip Trial and Error handeln: Mal macht man einen fragwürdigen Deal wie beim Elektronetz Nord in Sachsen-Anhalt oder profitiert ebenda beim Bitterfelder Kreuz von einem nicht funktionierenden Staatsapparat. Andernorts, wie im niedersächsischen Elektronetz Hansa, versucht man es mutmaßlich mit Unterkostenpreisen.

Gleichzeitig schickt man den VDV los, um für eine Gesetzesänderungen zugunsten von Direktvergaben zu trommeln. Aber auch das erfolglos. Im Gegenteil; man hat es so massiv auf die Spitze getrieben, dass einige Wettbewerber sich weg vom VDV und hin zu Mofair orientiert haben. Inzwischen muss man eine andere Diagnose stellen. Der Konzern hat sich einfach furchtbar verzettelt. Vom Güterverkehr ganz zu schweigen.

Natürlich kann es sein, dass einzelne Aufgaben dort von spezialisierten Mittelständlern besser gelöst werden können. Aber selbstverständlich gehören Güterzüge umfassend zum Kerngeschäft des Konzerns. Wenn ein vorgestelltes Konzept im Aufsichtsrat so krachend durchfällt, dann muss man sich fragen: Was ist hier schiefgelaufen? Und ist hier nicht insgesamt einfach eine Situation eingetreten, bei der man den Vorstand nicht nur umbauen muss?

Siehe auch: DB-Konzern: Debatte um Grubes Zukunft

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