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Arbeitsmarktintegration – aber seriös

25.05.16 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Letztes Jahr im September hielt Dieter Zetsche, Vorstandsvorsitzender bei Daimler-Benz, auf der Internationalen Automobilausstellung ein bemerkenswertes und in Erinnerung gebliebenes Grußwort. Er bezog sich auf die Chancen, die die aktuelle Asylkrise bietet: Es kommen motivierte jungen Menschen ins Land, viele im ausbildungsfähigen Alter und angesichts der Verrentungszahlen, die deutlich über den Schulabhängerzahlen liegen könnte hier eine Lücke geschlossen werden.

Zumal sich junge Menschen, die vor Krieg und Verfolgung geflohen sind, oft als besonders loyal zeigen, auch ihrem Arbeitgeber gegenüber. Nun könnte Herr Zetsche ja dafür sorgen, dass mehrere tausend Leiharbeiter im Hause Daimler-Benz direkt übernommen werden. Auch wenn es für einige so aussieht, aber hier stand mitnichten ein netter Mann, der armen Menschen Arbeit geben will.

Da wollte einer die Chancen nutzen, aber anders als er es darlegt: Möglichst viele Praktikanten, die für ein Taschengeld arbeiten kommen, alles finanziert vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge oder den regionalen Sozialleistungsträgern: Man will die Leute ja integrieren. Und hier schlagen wir den Bogen zur Deutschen Bahn: Dort läuft das nämlich anders, um nicht zu sagen sehr viel besser.

Möglicherweise aus der Tradition eines Staatsbetriebes heraus, ist das Ziel hier erkennbar und angekündigt, dass man möglichst schnell für sozialversicherungspflichtige, unbefristete Übernahmen in ein reguläres Angestelltenverhältnis sorgen will. Das ist der Weg, den es zu beschreiten gilt: Arbeitsmarktintegration ja und bitte so schnell wie möglich. Aber auf die seriöse Art und Weise.

Mit Chance Plus gibt es ein solches Programm ja schon lange für inländische Jugendliche und junge Erwachsene, die aus unterschiedlichen Gründen nicht in der Lage sind, eine reguläre Ausbildung anzufangen. Bei jungen Asylberechtigten mögen die Gründe und Probleme andere sein, aber es gibt nichts, was sich nicht lösen ließe.

Aber die Deutsche Bahn geht hier als Branchenprimus einen Weg, dem sich auch die Wettbewerbsbahnen anschließen sollten: Man versucht gar nicht erst, die Notlage von Asylberechtigten zu nutzen, um möglichst lange so viele billige oder kostenlose Arbeitskräfte wie möglich zu bekommen. Allen praktischen Erfahrungen zufolge werden aber auch andere Branchenakteure genau diesen Weg gehen.

Das unterscheidet die Eisenbahnbranche etwa von der Automobilwirtschaft oder zahlreichen anderen. Zumindest bei Menschen, die bereits einen Asylberechtigtenstatus genießen, also deren Asylantrag positiv beschieden wurde, darf es auch keine sonstigen bürokratischen Hürden geben. Wenn in jedem Einzelfall geprüft werden muss, ob auch ein Europäer den Job übernehmen kann, dann läuft was schief.

Die Voraussetzung ist dabei aber immer, dass die branchen- und unternehmensüblichen Standards eingehalten werden. Tariflohn für Deutsche und Mindestlohn für Asylberechtigte wäre der falsche Weg. Denn das Loyalitätsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer fußt eben gerade auf gegenseitigem Respekt. So bekommt man die Eisenbahner der Zukunft.

Siehe auch: DB AG begrüßt Asylberechtigte

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