Eisenbahnjournal Zughalt.de

Nachrichten über Eisenbahn und öffentlichen Verkehr

Ja zum Taktverkehr!

09.05.16 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Das eigene Auto steht immer zur Verfügung. Einsteigen und losfahren. Ob zum Currywurstessen in die Stadt oder in die Ferien nach Bayern. Kein Fahrplan, kein Umstieg, einfach los. Dem kann das ÖV-Gesamtsystem nur dann wirksam etwas entgegensetzen, wenn zumindest annähernd die Möglichkeit besteht, es ähnlich zu machen.

Die alte Bundesbahn ist oft nach gar keinen logisch nachvollziehbaren Fahrplänen gefahren. Taktverkehr war die Ausnahme und oft nur nach umfassender politischer Intervention möglich. Heute sieht es da deutlich besser aus: RE-Netze im merkbaren Stundentakt, ergänzt um S-Bahnen oder Regionalzüge, die ebenfalls nach logischen Mustern fahren und sich gegenseitig die Anschlüsse sichern.

Das ist aber nur der Anfang. Wenn am Wittener Hauptbahnhof in den Abendstunden der Bus zu meiner Wohnung fünf Minuten abfährt, bevor der Regionalexpress aus Richtung Düsseldorf ankommt, dann hat das nichts mehr mit Taktverkehr zu tun. Das ist aber eines der grundlegenden Probleme, gerade wenn es über den Eisenbahnverkehr hinausgeht.

Einen integralen Taktfahrplan kann man nur von oben nach unten planen. Den SPNV nach dem Busstern mittelgroßer Städte auszurichten ist völlig unmöglich. Die Städte müssen ihre kommunalen Angebote so gestalten, dass bequeme, zeitnahe, aber zuverlässige Umstiege vom SPNV möglich sind. Das ist jedoch vielfach nicht der Fall.

Wenn aber jeder Dorfschulze nach eigener Lust und Laune seine Busse und vielleicht sogar Straßenbahnen fahren lassen kann, dann funktioniert der Taktverkehr nicht – und wenn es nur auf der letzten Meile ist. Dass die Allianz pro Schiene, wie immer, reflexartig mehr Geld fordert, ist ja nichts neues. Die Tatsache, dass es in der ÖV-Branche ein Mentalitätsproblem gibt, das mindestens genauso schwer wiegt wie die (tatsächliche oder empfundene) Untersubventionierung, geht dabei unter.

Hier braucht es Mittel und Wege, die dafür sorgen, dass unfähige Stadtplanungsämter im Zweifel von SPNV-Aufgabenträgern oder Verkehrsverbünden überstimmt werden können. Was am unteren Ende gilt, muss aber auch am oberen Ende gelten: Die Eigenwirtschaftlichkeit im SPFV hat nie funktioniert und tut das auch weiterhin nicht. Warum man sich das bei der Initiative Deutschlandtakt partout nicht eingestehen will, ist auch von außen nicht nachvollziehbar.

Zu einer langfristigen Verkehrsplanung gehört nämlich auch, dass der Verkehr verlässlich rollt und dass nicht DB Fernverkehr auf einmal merkt, dass bestimmte Leistungen unwirtschaftlich sind und daher leider eingestellt werden müssen. Die vom DB-Konzern favorisierte Lösung, die Alimentierungen aus Regionalisierungsgeldern vorsieht, ist nicht akzeptabel.

Stattdessen braucht es auch im SPFV eine Aufgabenträgerschaft. Es muss sichergestellt werden, dass der Verkehr tatsächlich überall rollt. Auch in Oberzentren wie Siegen und Chemnitz. Da hier niemand bereit ist, eigenwirtschaftlich zu fahren, muss der Bund seine Pflicht aus Artikel 87e des Grundgesetzes erfüllen. Und: Das 2008 vorgelegte SPFV-Gesetz kann der Bundestag im Zweifel auch ohne die Bundesregierung verabschieden.

Siehe auch: Weitere Reaktionen zum Bundesverkehrswegeplan

Kommentare sind geschlossen.