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Üstra Hannover testet Elektrobusse

11.04.16 (Niedersachsen) Autor:Stefan Hennigfeld

Auch die Üstra in Hannover möchte in Zukunft ihr Engagement beim Thema Elektromobilität ausbauen. Da alternative Antriebsformen im Vergleich zum konventionellen Dieselbus allesamt nicht marktfähig sind, beschränkt man sich auf die Umsetzung von geförderten Programmen. Das ist allgemein branchenüblich.

Unter dem Motto „Unsere Vision, Null Emission“ gingen letzte Woche die ersten drei Elektrobusse in Betrieb. Zum Startschuss kamen unter anderem Bundesumweltministerin Barbara Hendricks und die niedersächsische Staatssekretärin im Verkehrsministerium Daniela Behrens (beide SPD). Starten werden die drei Busse auf den Linien 100 und 200, die als repräsentative Ringlinien durch Hannovers Innenstadt führen.

Die Länge der Linien beträgt jeweils 16 km mit insgesamt 42 Haltestellen und einer Fahrzeit von ca. 53 Minuten. Durch ihre kreisförmige Linienführung, kurze Haltestellenabstände und einen einzigen gemeinsamen Endpunkt am August-Holweg-Platz bieten die sogenannten „Erlebnislinien“ optimale Bedingungen für den Testbetrieb mit den Elektrobussen.

Der Üstra-Vorstandsvorsitzende André Neiß erklärte in seiner Begrüßung, dass das Unternehmen mit der Einführung der drei Elektrobusse den nächsten wichtigen Schritt auf dem Weg zum modernen, zukunftsfähigen Nahverkehr begonnen hat: „Wir bekennen uns damit zum Unternehmensziel der emissionsfreien Mobilität. Mit unseren Bahnen bieten wir bereits seit rund 100 Jahren Elektromobilität an und starten nun auch mit unseren Bussen ins elektromobile Zeitalter.“

„Der heutige Tag ist ein Meilenstein auf dem Weg zur CO2-freien Mobilität in Hannover. Unser Ziel ist es, dass wir in Zukunft viele Busse rein elektrisch betreiben und damit einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz in der Region Hannover leisten“, ergänzte Wilhelm Lindenberg, Üstra-Vorstand für Betrieb und Personal.

Die Lademasten, die während des Betriebs zum Einsatz kommen, wurden bereits Ende 2015 am August- Holweg-Platz installiert. Dort werden die Batterien der Busse mittels Schnellladeverfahren in nur vier bis sechs Minuten wieder nachgeladen. Ein auf dem Dach der Busse montierter Pantograph, also ein Stromabnehmer ähnlich wie bei den Stadtbahnen, wird per Knopfdruck ausgefahren und dockt sich an den Lademast an, sodass der Ladevorgang beginnen kann.

In der nächtlichen Betriebspause werden die Busse zusätzlich auf dem Betriebshof Vahrenwald über einen weiteren Lademast sowie eine Steckverbindung geladen. Unterstützt wurde die Einrichtung der Lademasten durch die enercity Contracting GmbH. Während der Testphase für einen möglichen Linieneinsatz werden die Busse mit CO2-freiem Strom aus dem Fahrleitungsnetz der Stadtbahnen versorgt, sodass keinerlei verkehrsbedingte Treibhausgase verursacht werden. Auch andere gesundheitsgefährdenden Emissionen wie Lärm, Stickoxide oder Feinstaub fallen ebenfalls nicht mehr an.

Gleichzeitig können die Busse auch die Bremsenergie in ihre Batterien zurückspeisen und so den „getankten“ Strom bestmöglich verwerten. Durch die Nutzung des Stroms aus dem Stadtbahnnetz benötigt der Betrieb mit den Elektrobussen keine eigenen Unterwerke zur Stromversorgung. Die zusätzlichen Batterien müssen jedoch später auf dem Sondermüll entsorgt werden. Hierbei handelt es sich um eine Lithium-Titanat-Batterie mit einer Gesamtkapazität von 125 kWh.

Aufgeteilt wird diese Kapazität auf fünf sogenannte Batteriepacks, die jeweils 25 kWh fassen und ca. 500 kg wiegen. Je nach Heizung und Beladung wird der Bus voraussichtlich zwischen 1,5 bis 2,5 kWh pro Kilometer verbrauchen. Hergestellt wurden die Busse des Typs Urbino 12m ab August 2015 bei der Firma Solaris in Polen. Die effektive Bauzeit pro Bus betrug 40 Tage. Solaris konnte sich im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung den Auftrag für das Gesamtsystem, also die Fahrzeuge und Ladeinfrastruktur, sichern.

Ziel des Pilotversuchs mit Elektrobussen ist es, die Busse und die Ladeinfrastruktur im Einsatz zu testen sowie Verbesserungspotenziale aufzuzeigen und zu nutzen. Um eine schnelle Markt- und Serienreife zu erreichen, wird das Projekt wissenschaftlich begleitet. Das langfristige Ziel ist es, Dieselbusse komplett abzuschaffen.

Die Kosten pro Bus betragen rund 620.000 Euro, das ist etwa 2,5 Mal so viel wie ein Dieselbus. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) unterstützt das gesamte Projekt mit Fördermitteln. Am Markt haben sich Stadtbusse in elektrischer Traktion noch nie bewähren können.

Siehe auch: Der Strom kommt aus der Steckdose

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