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Bad Aibling: Unfallursache offenbar geklärt

04.04.16 (Bayern) Autor:Stefan Hennigfeld

Der Eisenbahnunfall in Bad Aibling am Morgen des 9. Februar ist größtenteils aufgeklärt. Zwei Regionalzüge der Bayerischen Oberlandbahn sind auf einer eingleisigen Strecke frontal zusammengestoßen. Dabei war bereits seit längerer Zeit bekannt, dass der Fahrdienstleiter einem der beiden Züge ein reguläres Fahrtsignal gegeben hat und der andere auf Basis einer Hilfshandlung, im konkreten Fall einem Ersatzsignal, gefahren ist.

Der Fahrdienstleiter hat seinen Irrtum jedoch noch früh genug bemerkt und versucht, einen Notruf abzusetzen. In diesem Zusammenhang war zeitweise die Rede davon, dass die Züge aufgrund schlechter oder teilweise gar nicht vorhandener Funkausleuchtung auf der Strecke nicht erreichbar gewesen sein sollen. Diese Annahme wurde jedoch durch Ermittlungsbehörden widerlegt. Die Einlassung von DB Netz, wonach es kein einziges Funkloch auf der fraglichen Strecke gibt, hat sich als richtig erwiesen.

Der aktuelle Kenntnisstand geht davon aus, dass der Fahrdienstleiter versehentlich nicht die Züge, sondern andere Stellwerke kontaktiert haben soll – indem er den falschen Knopf gedrückt hat. Bayerns Landesinnenminister Joachim Herrmann (CSU) ist sich bereits sicher, dass es so gekommen ist. Der Bildzeitung sagte er: „Es war eine ganz besonders tragische Verkettung von gleich zwei Fehlleistungen.“

Zum einen, dass der Zug fälschlicherweise per Ersatzsignal losgeschickt wurde, zum anderen dass die falsche Funktaste gedrückt wurde. Die Fahrdienstleiter auf benachbarten Stellwerken haben dann offensichtlich noch versucht, sich zu melden – woraufhin ein weiterer Notruf abgesetzt wurde. Diesmal an die Züge, jedoch zu spät.

Ob ein früheres Notsignal den Frontalzusammenstoß hätte verhindern können, ist nun wiederum Sache der Ermittlungsbehörden. Insgesamt sind am Morgen des 9. Februar elf Menschen gestorben. Darüber hinaus gab es 24 schwer und 61 leicht verletzte Personen, die in umliegende Krankenhäuser zur weiteren Behandlung gebracht worden sind.

Dem 39 Jahre alten Fahrdienstleiter drohe nun, so Minister Herrmann, eine Anklage wegen fahrlässiger Tötung. Im Falle einer Verurteilung könnte das Gericht dann eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren (bei bis zu zwei Jahren könnte diese zur Bewährung ausgesetzt werden) oder eine Geldstrafe verhängen.

Bereits unmittelbar nach dem Unfall hat der Fahrdienstleiter den Behörden zum Zwecke der Vernehmung zur Verfügung gestanden. Ein Strafverteidiger wurde mit der Vertretung seiner Interessen beauftragt, der ihn daraufhin an einen „sicheren Ort“ gebracht hat, wie es hieß. Dort steht er jedoch weiterhin für Vernehmungen zur Verfügung.

In die Sache eingeschaltet hat sich auch die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer. „Es muss alles getan werden, damit sich ein solches Zugunglück wie in Bad Aibling nicht wiederholt“, so der stellvertretende Bundesvorsitzende Lutz Schreiber. Er fordert, dass die Fahrdienstleiter ebenso wie die Lokomotivführer in regelmäßigen Abständen umfassend an Simulatoren trainiert werden, damit Krisensituationen professionell bewältigt und Unfälle letztendlich verhindert werden können.

Darüber hinaus sind die Endgeräte des digitalen GSM-R Funknetzes zwingend auf Zweckmäßigkeit zu prüfen. Das Abschicken eines Notrufs vom Fahrdienstleiter zum Lokomotivführer und umgekehrt müsse einfacher und sicherer werden. Eine Verwechslung von Notruftasten solle künftig ausgeschlossen sein. Genauere Erkenntnisse dazu muss aber der Bericht der Eisenbahn-Unfallunterschungsstelle des Bundes (EUB) unter der Leitung des Bundesverkehrsministeriums bringen, die das Unglück untersucht.

Ziel der EUB ist es, Erkenntnisse zum Unfallgeschehen zu ermitteln und daraus Erkenntnisse und Hinweise abzuleiten, wie die Sicherheit weiterentwickelt und Unfällen vorgebeugt werden kann. „Erkenntnisse zur Verbesserung muss das EUB dann dem Betreiber der Eisenbahninfrastruktur als Handlungsauftrag auferlegen“, fordert Schreiber. Dieser hat sich zudem auch im Radiosender Bayern 2 zu Wort gemeldet.

In einem Interview kritisierte er die frühe Äußerung des Ministers. Man solle es „tunlichst vermeiden, sich an Spekulationen zu beteiligen, bevor die abschließenden Berichte der Eisenbahnunfalluntersuchungsstelle abgegeben sind.“ In diesem Zusammenhang warnte er zudem davor, dass der Personalmangel sowohl im Verkehrs- als auch im Infrastrukturbereich dazu führe, dass Aus- und Weiterbildungen oft vernachlässigt würden. Das, so heißt es bei der GDL, müsse sich ändern.

Siehe auch: Vorfahrt für die Sicherheit

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