Eisenbahnjournal Zughalt.de

Nachrichten über Eisenbahn und öffentlichen Verkehr

Die ewige Werkstattfrage

17.03.16 (Kommentar, VRR) Autor:Stefan Hennigfeld

Ein Herstellerwartungsmodell wie beim Rhein-Ruhr-Express ist bei einem so großen System einheitlicher Fahrzeuge sicherlich sinnvoll. Es ist aber auch nachvollziehbar, dass es nicht zur Regel wird. Bei einem relativ überschaubaren Netz, wie dem Elektronetz Niederrhein spricht überhaupt nichts dagegen, dass der Betreiber auch für die Instandhaltung seiner Fahrzeuge verantwortlich ist. Gerade bei der ersten Vergabe eines Netzes hat es sehr wohl etwas mit einem Wettbewerb der Ideen und der kreativen Lösungen zu tun, wenn jemand seine Werkstatt etwas zentraler, etwas besser oder etwas individueller legt. Auch, wenn vielleicht schon aus einem anderen Netz eine Werkstatt vorhanden ist, die womöglich nur mitgenutzt werden muss.

Hier stellt sich jedoch die Frage, wie fair der Wettbewerb in Netz A noch ist, nur weil im benachbarten Netz B schon eine Werkstatt bei Eisenbahn Meier vorhanden ist, Schienen-Schulz aber noch eine bauen muss. Beide Argumentationsweisen haben sicherlich ihre grundsätzliche Berechtigung. Wobei man hier wiederum über die Frage sprechen muss, ob DB Regio nicht aufgrund der von der Bundesbahn geerbten Liegenschaften an vielen Bahnhöfen ohnehin bevorteilt ist. Das bezieht sich ausdrücklich nicht auf die Werkstattimmobilien, sondern auf den Grunderwerb, der bei NE-Bahnen notwendig ist, bei DB Regio aber in der Regel nicht.

Die Idee des Aufgabenträgers, über das Finanzierungsmodell hinaus eine Werkstattförderung anzubieten, geht da in die richtige Richtung. Auch wenn es dazu führt, dass beim nächsten Teil der Vergabe erneut diese Werkstatt genommen werden muss und ein anderer Betreiber mit seinen Anlagen vielleicht außen vor ist. Aber heißt es nicht immer, dass vorhandene Werte geschützt und genutzt werden sollen und dass es „volkswirtschaftlich sinnvoll“ sei, wenn nicht mehrere Eisenbahnverkehrsunternehmen nebeneinander ihre Werkstätten aufbauen?

Denn in jedem Fall macht die Werkstattförderung es für Betreiber noch lukrativer, sich an Ausschreibungen zu beteiligen – indem man nämlich hohe Sonderabschreibungen vermeidet, wenn eine Werkstatt nicht mehr weitergenutzt werden kann. Zum Beispiel, weil der folgende Verkehrsvertrag von jemand anderem gewonnen wird, dessen Werkstattkonzept ohne eine Übernahme bestehender Anlagen des Altbetreibers auskommt. Und da immer wieder davor gewarnt wird, es gäbe zu wenige Betreiber und die Bewerber könnten sich die Aufgabenträger aussuchen, müssen diese sich auch selbst attraktiv machen.

Denn wie etwa die S-Bahn Berlin zeigt, kommen die potentiellen Bewerber nur dann, wenn sie sich eine realistische Chance ausrechnen, das entsprechenende Zielobjekt auch gewinnen zu können. Und die finanziellen Erfolge der letzten Ausschreibungen sprechen im VRR für sich: Es ist immer erheblich billiger geworden. Die finanzielle Luft wird daher wieder angenehmer, es können zusätzliche Leistungen bestellt werden, das Angebot wird besser. Dabei ist es gar nicht sonderlich wichtig, wer nun fährt. Entscheidend ist, dass die Verkehrsverträge für Qualität und Leistung sorgen. Das ist glücklicherweise seit Jahren der Fall.

Siehe auch: Abellio: Erster Spatenstich in Duisburg

Kommentare sind geschlossen.