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BAG SPNV legt Marktbericht vor

07.03.16 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Die BAG SPNV, der politische Verband der 27 Aufgabenträger im deutschen Eisenbahnwesen, hat in der letzten Woche einen neuen Marktreport veröffentlicht. Der Verband kommt dabei zu dem Ergebnis, dass die Wettbewerbs-strukturen sehr gut funktionieren. Das war in den ersten anderthalb bis zwei Jahren nach dem Abellio-Urteil vielfach negiert worden. Damals war stets die Rede davon, dass die Zahl der Akteure auf dem Markt zu gering sei und dass eine hohe Zahl langfristiger Vertragsverlängerungen und freihändiger Vergaben an DB Regio – legitimiert durch entsprechende Gesetzesänderungen – notwendig seien, um eine damals so empfundene „Vergabewelle“ abzumildern.

Gut fünf Jahre nachdem der Bundesgerichtshof seinen wegweisenden Beschluss gefasst hat, sieht die Sache anders aus. Der Wettbewerb auf der Schiene wurde deutlich intensiver und an den Vergabeverfahren nehmen wieder mehr Bahnunternehmen teil. Mit knapp 660 Millionen Zugkilometern erreichte DB Regio im Jahr 2014 einen Marktanteil von 74 Prozent und bleibt damit eindeutiger Marktführer. Allerdings lag der Marktanteil von DB Regio vor zehn Jahren noch bei 85 Prozent. Durch die bis Ende 2015 beendeten Vergabeverfahren ist erkennbar, dass der Marktanteil von DB Regio auch in den kommenden Jahren weiter sinken wird. Spitzenreiter auf Seiten der Privatbahnen war 2014 Transdev mit einem Marktanteil von sechs Prozent.

In den bis Ende 2015 beendeten Wettbewerbsverfahren haben sich – vorbehaltlich noch ausstehender Entscheidungen in Nachprüfungsverfahren – mit National Express und Go Ahead zwei neue Marktteilnehmer auf dem deutschen Markt etabliert. Beide Unternehmen sind seit Jahren international agierende Verkehrskonzerne aus Großbritannien. In den deutschen Markt sind sie jedoch erst nach dem Abellio-Urteil eingestiegen. Die neue Rechtslage macht wettbewerbliche Verfahren zu einem einklagbaren Recht für jeden Betreiber und nicht mehr zu einem Gnadenakt des Aufgabenträgers. Dieser konnte, so besagte es zumindest die laufende Rechtsprechung zuvor, nach eigenem Ermessen jederzeit Direktvergaben zugunsten eines Wunschbetreibers vornehmen. Im Regelfall hieß der Wunschbetreiber DB Regio.

Darüber hinaus haben weitere Akteure ihre Unternehmensaktivitäten ausgebaut. Am stärksten ist hier Abellio betroffen: Die deutsche Tochtergesellschaft der niederländischen Staatseisenbahn konnte zuletzt in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt Leistungen gewinnen. Dabei ist und bleibt das Vergabevolumen konstant hoch. Auch das hat etwas mit der allgemeinen Marktsituation zu tun: Während in den ersten Jahren von Eisenbahnrefom und Regionalisierung die großen RE- und S-Bahnnetze direkt an DB Regio vergeben wurden, hat sich das nun geändert.

Die Aufgabenträger haben ihre ersten Erfahrungen bei der Ausschreibung von Strecken gesammelt, die ohne Eisenbahnreform von der alten Bundesbahn wohl ohnehin geschlossen worden wären. Mit den Jahren und Jahrzehnten wurden die Netze größer und komplexer. Bis 2020 liegt das jährliche Vergabevolumen bundesweit bei rund neunzig Millionen Zugkilometern. Besonders auffällig ist hierbei, dass fast die Hälfte der bis 2020 zu vergebenden Leistungen in Bayern und Baden-Württemberg auf den Markt kommen.

In Baden-Württemberg hat DB Regio noch besonders lange von alten Verträgen profitiert. Erst jetzt kommt auch im Ländle der Wettbewerb in Schwung. Die von den Aufgabenträgern nach der Finanzmarktkrise entwickelten Finanzierungshilfen, die die EVU bei der Beschaffung der Fahrzeuge optional in Anspruch nehmen können, kommen auf dem Markt gut an und führen zu einer höheren Zahl an Bietern. Insbesondere die Optionen der Kapitaldienstgarantie sowie die Modelle, bei denen der Bieter die Fahrzeuge zwar aussucht und beschafft, diese dann aber umgehend an die ausschreibende Stelle weiterveräußert und von dieser anschließend zurückleast, werden in der Regel genutzt. Dies gilt zunehmend auch für die Deutsche Bahn.

Ein großes Problem in den kommenden Jahren wird jedoch die Preissteigerung im Infrastrukturbereich sein. Verbandspräsident Thomas Geyer: „Es ist dringend nötig, die Preissteigerungen wirksam zu begrenzen. Der Bund hat das bereits zugesagt, aber der bisherige Ansatz im Entwurf zum Eisenbahnregulierungsgesetz genügt dem nicht.“ Wenn hier nicht bald politisch gegengesteuert wird, drohen Abbestellungen und Leistungskürzungen, weil die Regionalisierungsgelder weniger stark steigen als die Trassenpreise der DB Netz AG.

Siehe auch: Die Bahn wird bunt

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