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Den Realitäten ins Auge blicken

04.02.16 (go.Rheinland, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Es ist erst wenige Tage her, da hat man bei den Kölner Verkehrsbetrieben neue Busse vorgestellt. Konventionelle Dieselbusse und insgesamt wurden 11,47 Millionen Euro investiert – eine Zahl, die in Köln von symbolischer Bedeutung sein dürfte. Und da hat man auch Zahlen genannt: Busse mit Baujahr 2013 verbrauchen fast 53 Liter Diesel auf hundert Kilometern im Stadtverkehr, Busse mit Baujahr 2016 schon nur noch 49 Liter.

Die Annahme, dass die in Anschaffung und Unterhaltskosten sehr viel teureren Elektro- oder Hybridbusse irgendwann von sich aus wirtschaftlicher werden können, kann allein deshalb nicht gehalten werden, weil die technische Evolution im Bereich konventioneller Dieseltraktion rasend schnell voranschreitet. Neben ökologischen müssen immer auch ökonomische Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Das gilt auch dann, wenn die Finanzierung nicht aus der für das ÖV-System vorgesehenen Kasse, sondern von einer anderen öffentlichen Förderung stammt. Das Geld muss in jedem Fall entweder am Markt (auf Kosten des Fahrgastes) erwirtschaftet oder von der Gemeinschaft der Steuerzahler übernommen werden.

Und nach all den Jahren, in denen man sich jetzt intensiv mit Hybridbussen, Elektroantrieb, Ladeinfrastruktur und vielem mehr befasst muss man eben sagen, dass nichts davon jemals marktfähig geworden ist und dass Ankündigungen, wonach all das bald regulär finanzierbar wäre, nicht als wahr erwiesen haben. Und irgendwann ist der Punkt gekommen, an dem man sich auf die Realitäten besinnen sollte. Das gilt gerade auch und vor allen Dingen in einer Branche, die sich selbst für chronisch untersubventioniert hält. Zumal der Bus ja mitnichten ein Umweltproblem wäre, im Gegenteil: Ein funktionierender Busverkehr, ob als Zugbringer für S-Bahnsystem oder den klassischen SPNV, als Verbindungsfahrten zwischen den Vororten, zur Feinerschließung oder in welcher Form auch immer, hat das Potential Autofahrten zu vermeiden und den Schadstoffausstoß pro Personenkilometer erheblich zu reduzieren.

Und das schöne ist: Aufgrund der hohen Nachfrage an Dieselbussen finden die technischen Innovationen in den F&E-Abteilungen der Hersteller wie von selbst statt. Der Markt hat ein hohes Volumen und eine gesunde Zahl an Anbietern, so dass jeder beständig besser werden muss, um weiterhin bestehen zu können. Es ist eben die klassische Funktionsweise marktwirtschaftlicher Strukturen, bei der man keine Fördergelder, Sonderfonds und alle möglichen öffentlichen Zuwendungen braucht.

Und das ist ist nur ein Teil der Geschichte. Der andere ist, dass es bei der klassischen Eisenbahn noch immer einen erheblichen Anteil nicht elektrifizierter Strecken gibt. Dort wo elektrische Traktion längst Standard sein sollte, wird es vernachlässigt, um statt dessen im Busverkehr mit der Brechstange einige Leuchtturmprojekte durchzubringen. Das geht beim besten Willen nicht zusammen. Jeder Euro, der aus Elektrobusförderprogrammen zur Elektrifizierung klassischer SPNV-Strecken umgeleitet wird, ist besser investiert. Es wird Zeit, den Realitäten in einer marktwirtschaftlichen Gesellschaft ins Auge zu blicken.

Siehe auch: KVB fordert mehr Engagement für E-Mobilität

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