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Wir schaffen das – es wird konkret

21.01.16 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Im Spätsommer und Herbst 2015 hat Deutschland sich von der menschlichen Seite gezeigt und tut es noch: Asylbewerber aus aller Herren Länder reisen in die Bundesrepublik ein und viele ehrenamtliche und freiwillige Helfer unterstützen die Menschen dabei, ihren Alltag in einem fremden Land und einer fremden Kultur zu meistern. Natürlich ist ein unreflektiertes „Refugees Welcome“ keine ausreichende Problemlösung, aber es zeigt Empathie und Verständnis für die Situation derer, die oft nicht nur ihre Heimat, sondern auch ihre Angehörigen verloren haben.

„Wir schaffen das“ ist ein Satz der Bundeskanzlerin, der in Erinnerung geblieben ist. Und schon damals war absehbar: Der graue Integrationsalltag wird kommen. Die Menschen brauchen ein Dach über den Kopf und sie brauchen Arbeit. Ja, die Eingliederung in den Arbeitsmarkt ist der wichtigste Schritt. Und im Eisenbahnwesen wird das jetzt konkret. Dort, wo der Personalbedarf in den kommenden Jahren hoch ist und es eine breite und bunte Palette verschiedener Berufsbilder gibt.

Und die Menschen, die hier nach Deutschland kommen, kommen ja aus Ländern, in denen es früher einmal all das auch gegeben hat: Ob in Afghanistan, im Irak, im Iran oder in Syrien: Überall dort gab und gibt es Eisenbahnen und wer dort Lokführer war, der kann seinem Beruf auch hier nachgehen. Selbstverständlich ist es notwendig, die berufliche Qualifikation anzupassen und einiges nachzuholen. Das ist eben auch ein Teil des deutschen Alltags: Lebenslanges Lernen. Die Zeiten, dass jemand mit 18 aus der Lehre kommt und dann bis zur Rente einem sich nicht verändernden Beruf nachgegangen ist, sind vorbei – wenn es sie denn jemals gab.

Nun gilt es also, deutsche Sprachkenntnisse und berufliche Qualifikationen zu vermitteln. Dabei wird es – auch im Eisenbahnwesen – unter den Arbeitgebern schwarze Schafe geben. Solche, die sich erhoffen, möglichst lange einfach nur billige oder gar kostenlose Arbeitskräfte zu bekommen. Zahlen dürfen dann die regionalen Sozialleistungsträger oder gleich das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, denn mal will sie ja integrieren. Wer beständig eine hohe Zahl an Praktikanten hat, aber so gut wie nie welche davon übernimmt, mit dem müssen die Sozialpartner ein ernstes Wort sprechen: Denn selbstverständlich müssen die Leute gleiches Geld für gleiche Arbeit bekommen.

Tariflohn für Deutsche und Mindestlohn für Asylberechtigte, wie das in anderen Branchen bereits versucht worden ist, muss man mit politischen und juristischen Mitteln unterbinden. Es gibt heute in 13 von 16 deutschen Bundesländern (unterschiedlich strenge) Tariftreuegesetze, die im öffentlich bestellten Regionalverkehr zur Anwendung kommen. Die müssen auch dann gelten, wenn Asylberechtigte, die vielleicht früher syrische Lokführer waren, heute Züge in Deutschland fahren. Aber das schöne ist: Allen praktischen Erfahrungen zufolge wird das im Eisenbahnwesen passieren. Wenigen schwarzen Schafen stehen viele gute und faire Arbeitgeber gegenüber, die ihre Leute – egal welcher Nationalität – anständig und loyal behandeln. Das wird auch bei neuen Kollegen mit Asylberechtigenstatus der Fall sein.

Siehe auch: Bahnbranche will Asylberechtigte einstellen

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