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VRR lehnt SPFV-Alimentierung ab

02.11.15 (Fernverkehr, Verkehrspolitik, VRR) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Deutsche Bahn strebt eine umfassende Alimentierung vermeintlich „eigenwirtschaftlicher“ SPFV-Züge durch die regional zuständigen Aufgabenträger an. Dies sollen formal gesehen keine Bestellerentgelte, sondern Tarifausgleiche sein. Die Bezahlung würde dann nicht, wie es im Regionalverkehr üblich ist, pro Zugkilometer erfolgen, sondern pro Tarifkilometer erfolgen. Das würde z.B. dazu führen, dass durch höhere Fahrgastzahlen auf die Aufgabenträger auch höhere Kosten zukommen.

Während man bei Nettoverträgen bereits den Effekt hat, dass die in diesem Fall steigenden Markteinnahmen an den Betreiber fließen und nicht etwa zur Bestellung zusätzlicher Verkehrsleistungen zur Verfügung stehen, würde dies in diesem Fall dafür sorgen, dass die finanziellen Risiken für den Aufgabenträger, so der Zuschuss nicht bei einer Gesamtsumme gedeckelt ist, extrem groß wären. Im Zusammenhang mit einer SPFV-Finanzierung durch die Aufgabenträger von Aachen nach Chemnitz auf der Mitte-Deutschland-Verbindung hat nun der VRR rotes Licht gegeben: Es wird kein Geld an DB Fernverkehr fließen.

In einem Schreiben stellt der Aufgabenträger klar, wieso Eisenbahnleistungen zwischen Düsseldorf und Dortmund entweder Regionalverkehrszüge sind oder aber eigenwirtschaftliche Fernzüge. Insbesondere auf der Mittel-Deutschland-Verbindung sei zu befürchten, dass DB Fernverkehr „einzelne Leistungen, ggf. auch hin bis zum Gesamtangebot, kurzfristig einstellt und die beteiligten Aufgabenträger eine kurzfristige (und somit vermutlich äußerst unwirtschaftliche) Vergabe (einzelner Fahrten) durchführen müssten. Gerade auf dem Ostast zwischen Hamm und Kassel verkehrt parallel im Zweistundentakt ein Zug des Rhein-Ruhr-Express.

Hier gibt es einen Bruttovertrag zwischen dem Betreiber Abellio Rail NRW und den Aufgabenträgern für den Fall, dass ein paralleles Fernverkehrsangebot, ohne dass direkt Geld an DB Fernverkehr fließt, die Einnahmesituation des Aufgabenträgers verschlechtern könnte. Dennoch und davon unabhängig sind eigenwirtschaftliche Eisenbahnleistungen jederzeit möglich und können durch den Aufgabenträger nicht untersagt werden. Ob DB Fernverkehr allerdings tatsächlich über Jahrzehnte einen verlässlichen Taktverkehr anbietet, gilt als unwahrscheinlich. Realistischerweise, so heißt es dem Vernehmen nach, geht man davon aus, dass DB Fernverkehr hier ein Angebot setzen will, um dann im Rahmen einer Einstellungsdrohung doch noch Gelder vom Aufgabenträger zu akquirieren.

Bereits heute steht in den Sachstandspapieren des NWL zum Westfalentarif, dass man sich die Anerkennung in Fernverkehrszügen, insbesondere auf den drei großen Ausfallstrecken von Dortmund nach Minden und Paderborn sowie von Hagen nach Siegen wünscht. Beim VRR sieht man das anders. Dort, so heißt es in einer Stellungnahme, die der Zughalt-Redaktion vorliegt, habe man in den letzten Jahren erhebliche Steigerungen bei der Qualität, der Sauberkeit und der Pünktlichkeit im Eisenbahnwesen erzielt. „Eine Pönalisierung des Fernverkehrs bei Nicht- oder Schlechtleistungen ist jedoch nicht gegeben.“

Tatsächlich wies man bei DB Fernverkehr schon im Rahmen der Vorstellung des neuen SPFV-Konzeptes darauf hin, dass man aufgrund „unternehmerischer Freiheiten“ zwar „Tarifausgleiche“ anbiete, sich jedoch nicht auf Verkehrsverträge o.ä. einlassen wolle. Darüber hinaus hält man den Rhein-Ruhr-Express in seiner qualitativen und quantitativen Spezifikation für deutlich höherwertiger als einen herkömmlichen lokbespannten Doppeldeckerzug in InterCity-Lackierung.

Hinzukommend sieht man hier auch juristische Bedenken. Das für den Eisenbahnverkehr in Deutschland wegweisende Abellio-Urteil kam bereits im VRR zustande. Es besagt, dass bei der Vergabe von Eisenbahnleistungen das Vergaberecht einzuhalten ist. Wenn also nicht eine Notsituation vorliegt, die eine Auferlegung rechtfertigen würde, kann dies nur im Rahmen eines Dienstleistungsauftrages erfolgen, der im Rahmen eines wettbewerblichen Verfahrens zustande kommt.

Der SPFV müsste also ordnungsgemäß ausgeschrieben werden. Eine faktische Direktvergabe, auf deren Basis Geld fließt, hält man beim VRR für vergaberechtswidrig. Auf der anderen Seite hält man sich für nicht legitimiert, SPFV-Leistungen zu vergeben, auch nicht wettbewerblich. Man verweist dabei auf Art. 87e (4) GG, wonach der Bund für SPFV-Leistungen verantwortlich ist. Aus diesem Grund wird es beim VRR keinerlei Geldflüsse zugunsten der DB Fernverkehr AG geben.

Siehe auch: Ursache und Wirkung beachten

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