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Verzettelt

17.09.15 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Auch hier wurde insbesondere im Zusammenhang mit DB Regio immer wieder über das unternehmenspolitische Prinzip „Rendite vor Marktanteil“ berichtet. Das war seit dem Abellio-Urteil erkennbar. Aber es war eben nur eine von mehreren Strategien im DB-Konzern. Während man im Elektronetz Mittelsachsen feierlich auf eine Angebotsabgabe verzichtet und sich in Nordrhein-Westfalen auf fast groteske Art und Weise für nicht marktfähige Strukturen feiert, versucht man in Schleswig-Holstein mit einem Preis, der sehr wahrscheinlich deutlich unter den Produktionskosten liegt, das Netz West zu bekommen.

In Sachsen-Anhalt hat der Konzern gleich zweimal profitiert: Zum einen von der rechtswidrigen Direktvergabe im Elektronetz Nord und zum anderen im Falle des Bitterfelder Kreuzes von einem dysfunktionalen Staatsapparat in Sachsen-Anhalt: Als Abellio die Bindefrist nicht verlängert hat, nachdem die Vergabekammer für ihre Entscheidung ein knappes Dreivierteljahr gebraucht hat. So ein Stück weit ist das das Prinzip von Trial and Error: Wir gucken mal, was geht und sehen dann weiter.

Beim genannten Elektronetz Nord hat man mit einem „Kombipreis“, bei dem das Trassenpreisrisiko komplett bei DB Regio liegt, die integrierte Konzernstruktur auf besondere Art und Weise genutzt: Bei konsolidierter Betrachtung bleibt das Geld im Konzern, aber die Gewinne verschieben sich mit steigenden Trassenpreise von DB Regio zu DB Netz. In mindestens einem anderen Vergabenetz ist zudem gesichert bekannt, dass es eine Bieteranfrage von DB Regio beim Aufgabenträger gab, wie ein solches „Kombiangebot“ bewertet würde. Dieser hat jedoch abgelehnt.

Das Problem ist allerdings jetzt ein anderes: Was mal harmlos angefangen hat, hat dazu geführt, dass sich das Unternehmen – nicht nur bezogen auf den SPNV – ganz schrecklich verzettelt hat. Das gilt auch gerade bei diversen Unternehmensaufkäufen im Ausland. Offensichtlich hat man versucht, die eigenen Ineffizienzen durch starkes Umsatzwachstum in den Griff zu bekommen. Aber das hat nicht geklappt.

Gleichzeitig sah man sich im SPFV u.a. den Fernbussen schutzlos ausgeliefert. Doch dass diese für Mitfahrzentralen oder auch den langlaufenden SPNV (etwa QdL-Ticket etc.) ein viel größeres Problem sind, bleibt bei dieser Betrachtung außen vor. Es ist daher nur folgerichtig, dass man jetzt ein umfassendes neues Programm für das Unternehmen auflegen will, auch mit externer Hilfe von McKinsey. Denn der inländische Eisenbahnmarkt ist nun einmal das natürliche Kerngeschäft der deutschen Staatseisenbahn.

Dass man zunächst pro forma auf Fahrpreiserhöhungen verzichtet ist ein Beispiel dafür, dass man die Sparpreise künftig noch stärker zur aktiven Auslastungssteuerung nutzen will. Das ist schon mal ein vernünftiger Ansatz, wenn auch auf Kosten der Transparenz. Dass man die 19-Euro-Tickets beibehält und auch ansonsten die Schiene im Niedrigpreissegment stärkt, ist ebenso zu begrüßen. Jetzt muss die Deutsche Bahn allerdings noch immer mit viel Aufwand ihre Unternehmensstrukturen an den Markt anpassen. Die Zukunft muss aus klaren Konzepten statt planlosen Fahrten bestehen.

Siehe auch: Bahn stellt sich auf: Kurz- und Langfristig

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