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Im Zweifel muss geklagt werden

10.09.15 (Fernverkehr, Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Es ist zunächst einmal zu begrüßen, dass die Wettbewerbsbahnen in der Lage sind, gemeinsam politisch aufzutreten, wenn auch (noch?) nicht verbandspolitisch organisiert – was natürlich das Ziel sein sollte. Zurecht weisen sie die Landesverkehrsminister darauf hin, welch großem Risiko sie sich aussetzen, wenn die DB AG ihr vermeintliches „Fernverkehrskonzept“ so durchsetzt, wie angekündigt.

Zunächst einmal ist es natürlich grotesk zu sagen, dass Geldflüsse vom Aufgabenträger an das Verkehrsunternehmen keinerlei Vergaberecht unterliegen, sobald die Berechnung nicht mehr nach Zug-, sondern nach Tarifkilometer erfolgt, wie die DB AG das tut. Das hieße im Umkehrschluss, dass künftig so gut wie jede SPNV-Leistung direkt vergeben werden kann, der Verkehr wäre dann „eigenwirtschaftlich“ und der Zuschuss erfolgt pro Ticket. Das geht nicht. Die Bahn hat unter Berufung auf die „unternehmerische Gestaltungsfreiheit“ angekündigt, dass man sich höchstens auf Tarifausgleiche, nicht aber auf in Verkehrsverträgen übliche Qualitätsvorgaben einlassen wird.

Das heißt dann im Umkehrschluss, dass bei Verspätungen, Schlechtleistungen wegen verschmutzten Zügen, defekten Türen oder ähnlichem keine Pönalisierung möglich wäre. Der Aufgabenträger würde also zahlen ohne bei Problemen eingreifen zu können. Aber es ist ja angeblich „nur ein Angebot“, das man auch ablehnen kann. Da geht es schon los: Vor einigen Wochen hat Rüdiger Grube Trier besucht. Dabei hat er klargemacht, dass es einen neuen InterCity auf der Moselstrecke frühestens nach Ende des RE-Vertrages gibt. Aber auch nur, wenn ebenjener RE dann komplett abbestellt wird. Dabei hat er gleich mal Ursache und Wirkung vertauscht: Das aktuelle RE-Angebote auf der Moselstrecke ist bereits die Folge des im Vorfeld größtenteils weggefallenen InterCity-Angebotes.

Außerdem wurde das Vorhaben erstaunlich klar: Man will die langlaufenden RE-Leistungen haben. Nachdem der Direktvergabemarkt mit dem Abellio-Urteil größtenteils ausgetrocknet ist, versucht man sich einen neuen zu schaffen. Doch was passiert, wenn der RE-Verkehrsvertrag (egal mit wem) nicht mehr verlängert wird? Was ist, wenn es keine Neuvergabe gibt, sondern der Aufgabenträger sich darauf verlässt, dass DB Fernverkehr eigenwirtschaftlich fährt? Die Abhängigkeit wäre enorm!

So ein Fernzug kann ganz schnell unwirtschaftlich sein und muss daher leider zum nächsten Fahrplanwechsel eingestellt werden. Es sei denn, man einige sich auf eine pragmatische und ideologiefreie, dafür aber absolut politische Lösung: Ein Tarifausgleich für Nahverkehrskunden könnte die Existenz langfristig sichern. Zumindest für eine Übergangszeit müssen die Aufgabenträger dann Geld an DB Fernverkehr zahlen, oder aber es fährt nichts mehr. Darauf müssen die Wettbewerbsbahnen hinweisen. Und weiter: Wenn es zu solchen Geschäften kommt, dann muss geklagt werden. Gerichtliche Schritte sind das letzte Mittel politischer Lobbyarbeit und müssen stets eine ernsthafte Option sein. Somit verhindert man, dass die Sache einreißt und stellt klar, dass Gespräche führen nicht immer ausreichend ist.

Siehe auch: Wettbewerbsbahnen warnen vor SPFV-Konzept

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